Bankenrecht – Berufsverbot für Banker bei Verletzung der GwG-Meldepflicht?

FINMAG 33

Einleitung

Die Organisationsmängel einer Bank beseitigen die individuelle Zurechenbarkeit von Aufsichtsrechtverletzungen grundsätzlich nicht.

Aufgrund der wirtschaftspolizeilichen Rechtsnatur des Berufsverbots nach FINMAG 33 dürfen aber keine hohen Anforderungen an das Verschulden gestellt werden.

Das Bundesgericht lockert damit beim Berufsverbot die Anforderungen an die Vorwerfbarkeit des strafbaren Verhaltens stark.

Sachverhalt

Die FINMA untersuchte im Rahmen eines Enforcementverfahrens die Geschäftsbeziehung der Bank B. zu dem bankintern als «High-Risk» klassifizierten Kunden H. Auslöser des Enforcementverfahrens war die mutmassliche Korruptionsaffäre rund um den malaysischen Staatsfond. Der Kunde H. wickelte über die Bank B. Transaktionen in neunstelligen Beträgen ab. Der vormalige CEO und der damalige Verwaltungsratspräsident der Bank B. setzen A. unter Druck diese Transaktionen rasch und unkompliziert zu genehmigen.

Die FINMA warf A. eine Verletzung von GwG 9 Abs. 1 lit. a Ziffer 2 vor, da er trotz erheblichen, aktenkundigen Zweifeln hinsichtlich der Verwendung der transferierten Mittel von einer Meldung an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) bzw. an die bankinterne Compliance absah.

History

 

  • FINMA-Verfügung gegen A. als General Counsel und Leiter der Abteilung Legal & Compliance sowie nachmaligen Managing Director und stellvertretenden COO der Bank B.
    • Verbot der Ausübung einer Tätigkeit in leitender Stellung bei einem von der FINMA beaufsichtigten Unternehmen für die Dauer von 2 Jahren gemäss FINMAG 33
  • Beschwerde des A. ans Bundesverwaltungsgericht (BVGer)
    • Aufhebung der Verfügung der FINMA durch das BVGer wegen des als leicht zu qualifizierenden Mitverschuldens
  • Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten durch die FINMA ans Bundesgericht (BGer).

Erwägungen

Das Berufsverbot nach FINMAG 33 setzt sowohl eine schwere Verletzung von aufsichtsrechtlichen Regeln voraus als auch die Möglichkeit, die Verletzung des Aufsichtsrechts der zu sanktionierenden Person individuell zuzurechnen.

Dazu einige Kernelemente aus den bundesgerichtlichen Erwägungen, in der Reihenfolge des Erwägungsaufbaus:

  • Mängel der arbeitsteiligen Organisation
    • In einer arbeitsteiligen Organisation wie der Bank bedeutet individuelle Zurechenbarkeit, dass sich die schwere Verletzung von aufsichtsrechtlichen Regeln im Verantwortungsbereich einer bestimmten Person ereignet haben muss
  • Keine hohen Anforderungen an die subjektive Vorwerfbarkeit
    • Für die aufsichtsrechtliche Sanktion des Berufsverbots nach FINMAG 33 dürfen keine hohen Anforderungen an die subjektive Vorwerfbarkeit einer aufsichtsrechtlichen Pflichtverletzung sowie Organisationsversagen gestellt werden
      • Das Sanktionsinstrumentarium der Aufsicht darf nicht durch eine unzutreffende Auslegung und Anwendung aufsichtsrechtlicher Regeln vorab hinter dem Standard zurückbleiben, der für eine strafrechtliche Ahndung eines verpönten Verhaltens zur Verfügung steht
    • Garantenstellung aus GwG
      • Aus strafrechtlicher Sicht schaffen GwG 9 und 6 hinsichtlich der Pflichten-Einhaltung eine Garantenstellung
    • Pflichtwidrige Meldungsunterlassung ist eine schwere Pflichtverletzung
      • Eine pflichtwidrige Meldungsunterlassung nach GwG 9 I stellt eine schwere Pflichtverletzung dar, die dem Träger dieser Pflichten individuell zurechenbar ist
    • Druckausübung oder Täuschung durch die GL dispensieren nicht von der Zurechenbarkeit
      • Eine Druckausübung durch vorgesetzte Personen oder eine Täuschung durch die Geschäftsleitung vermögen als Organisationsmangel nicht, die individuelle Zurechenbarkeit der Aufsichtsrechtsverletzung zu beseitigen.

Entscheid

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der erste Absatz der Dispositivziffer 1 und die Dispositivziffer 3 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2019 werden aufgehoben. A.________ wird die Tätigkeit bei einem von der Finanzmarktaufsicht FINMA Beaufsichtigten für die Dauer von zwei Jahren verboten, unter Anrechnung von 298 Tagen.
  2. Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2’000.– werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
  3. Die Sache wird zur Neuverlegung der vorinstanzlichen Gerichts- und Parteikosten an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Quelle

Urteil BGer 2C_192/2019 vom 11.03.2020

Art. 33 FINMAG   Berufsverbot

1 Stellt die FINMA eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen fest, so kann sie der verantwortlichen Person die Tätigkeit in leitender Stellung bei einer oder einem von ihr Beaufsichtigten untersagen.

2 Das Berufsverbot kann für eine Dauer von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden.

Art. 33a FINMAG   Tätigkeitsverbot

1 Die FINMA kann folgenden Personen die Tätigkeit im Handel mit Finanzinstrumenten oder als Kundenberaterin oder Kundenberater befristet oder im Falle einer Wiederholung dauernd verbieten, wenn sie die Bestimmungen der Finanzmarktgesetze, die Ausführungsbestimmungen oder die betriebsinternen Vorschriften schwer verletzen:

a.    den für den Handel mit Finanzinstrumenten verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer oder eines Beaufsichtigten;

b.    den als Kundenberaterinnen oder Kundenberater tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer oder eines Beaufsichtigten.

2 Erfasst das Tätigkeitsverbot gleichzeitig auch eine Tätigkeit im Aufsichtsbereich einer Aufsichtsorganisation, so ist ihr der Entscheid mitzuteilen.

Weiterführende Informationen / Linktipps

 

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