Sozialversicherungsrecht / Arbeitsrecht – Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung: Arbeitszeiterfassung als Voraussetzung

VIG 31 Abs. 3 lit. a; AVIV 46b

Das Bundesgericht (BGer) hatte sich im Geschäftsfall 8C_306/2023 mit den Anspruchsvoraussetzungen für eine Kurzarbeitsentschädigung zu befassen:

  • Anspruchsvoraussetzungen für eine Kurzarbeitsentschädigung
    • Gemäss AVIG 31 Abs. 3 lit. a (Wortlaut siehe unten) haben Arbeitnehmer, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist, keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung.
  • Kontrollierbarkeit
    • Die genügende Kontrollierbarkeit des Arbeitsausfalles setzt eine betriebliche Arbeitszeitkontrolle voraus (vgl. AVIV 46b Abs. 1; Verordnungstext siehe unten).
  • Ziel der Überprüfbarkeit
    • Das Vorhandensein einer betrieblichen Arbeitszeitkontrolle soll sichergestellen, dass der Arbeitsausfall für die Arbeitslosenversicherungs-Organe überprüfbar ist.
  • Fortlaufende Aufzeichnung mit Zeiterfassungssystem
    • Praxisgemäss lässt sich die Rechtmässigkeit der bezogenen Leistungen nur anhand von detaillierten betrieblichen Unterlagen feststellen,
      • namentlich aufgrund eines «Zeiterfassungssystems» im Sinne des Erfordernisses der täglich fortlaufenden Aufzeichnung.
  • «Offensichtliche Authentizität» vs. nachträgliche Zeiterfassung
    • Ob bei Zeiterfassungsbelegen, die Arbeitgeber erst im Nachgangzu einer Arbeitgeberkontrolle offenlegen,
      • im Sinne der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) eine „offensichtliche Authentizität“ zu fordern ist,
        • damit sie einer weiteren Prüfung unterzogen werden können, konnte im konkreten Fall offenbleiben.

BGer 8C_306/2023 vom 07.03.2024   =   BGE 150 V 249 ff.

Einschlägige Bestimmungen zur Kurzarbeit bzw. zur Kurzarbeitsentschädigung

Drittes Kapitel: Kurzarbeitsentschädigung

Art. 31 AVIG Anspruchsvoraussetzungen

1 Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wenn:

  1. sie für die Versicherung beitragspflichtig sind oder das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht haben;
  2. der Arbeitsausfall anrechenbar ist (Art. 32);
  3. das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist;
  4. der Arbeitsausfall voraussichtlich vorübergehend ist und erwartet werden darf, dass durch Kurzarbeit ihre Arbeitsplätze erhalten werden können.

1bis Zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzung nach Absatz 1 Buchstabe d kann in Ausnahmefällen eine Betriebsanalyse zu Lasten des Ausgleichsfonds durchgeführt werden.

2 Der Bundesrat kann abweichende Bestimmungen erlassen über die Kurzarbeitsentschädigung:

  1. für Heimarbeitnehmer;
  2. für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit innerhalb vertraglich festgelegter Grenzen veränderlich ist.

3 Keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben:

  1. Arbeitnehmer, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist;
  2. der mitarbeitende Ehegatte des Arbeitgebers;
  3. Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten.

Art. 46b AVIV   Kontrollierbarkeit des Arbeitsausfalles

(Art. 31 Abs. 3 Bst. a AVIG)

1 Die genügende Kontrollierbarkeit des Arbeitsausfalles setzt eine betriebliche Arbeitszeitkontrolle voraus.

2 Der Arbeitgeber hat die Unterlagen über die Arbeitszeitkontrolle während fünf Jahren aufzubewahren.

Weiterführende Informationen

Quelle

Bürgi Nägeli Redaktionsteam

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