Verwaltungsrecht – Zutrittsrecht der Gewerkschaftsvertreter in Verwaltungsgebäude

BV 28, EMRK 11, UNO-Pakt II 22 und UNO-Pakt I 8; ILO-Übereinkommen Nr. 87 und 98, insbesondere Art. 3 ILO-Übereinkommen Nr. 87

Einleitung

Der Kanton Tessin hatte 2011 eine Regelung zur Beschränkung des Zutritts für Gewerkschaftsvertreter zu den Gebäuden der öffentlichen Verwaltung erlassen. Diese beinhaltete ein grundsätzliches Zutrittsverbot, verbunden mit der Möglichkeit zur Bewilligung bestimmter Anlässe, sowie die Modalitäten zur Verteilung von Flugblättern und Publikationen.

Erwägungen des Bundesgerichts

Zutrittsverbot mit Bewilligungserlaubnis ist unzulässig …

Das Bundesgericht befand, dass der Regierungsbeschluss des Kantons Tessin, welcher den Gewerkschaften grundsätzlich den Zutritt zu den Gebäuden verbiete, die der Staat – ausser als deren Eigentümer – auch als Arbeitgeber verwalte, und welcher die Ausübung gewerkschaftlicher Tätigkeiten im Gebäudeinnern bestimmten Bedingungen unterwerfe, die verfassungsmässig garantierte Koalitionsfreiheit in unverhältnismässiger Weise beschränke.

… Gewerkschaften müsse in die Lage versetzt sein ..

Der Staat müsse unter anderem die Gewerkschaften in die Lage versetzen, dass sie ihre Aktivitäten tatsächlich frei gestalten könnten, im Einklang mit den Verpflichtungen des internationalen Rechts, namentlich der ILO-Übereinkommen Nr. 87 und 98

Entscheid und Empfehlung

Das Bundesgericht hiess daher die Beschwerde der Gewerkschaft „Verband des Personals öffentlicher Dienste“ (VPOD) gut und hob den Tessiner Erlass auf.

Das Bundesgericht empfahl den betroffenen Parteien, auf dem Verhandlungsweg eine Einigung zu suchen.

Quelle

BGer 2C_499/2015 vom 06.09.2017   =   BGE 144 I 50 ff.

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