Anerkennung eines finnischen Konkursdekretes in der Schweiz

Zum Thema

Thema bildet die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets des Hauptkonkurses in der Schweiz, damit eine rechtshilfeweise Liquidation des Vermögens des ausländischen Schuldners in der Schweiz stattfinden und ein Überschuss an die ausländische Konkursmasse abgeführt werden kann; Voraussetzung hiezu ist ein komplexes Prozedere, welches sicherstellen soll, dass allfällige privilegierte schweizerische Gläubiger im schweizerischen Verfahren soweit möglich befriedigt werden und die schweizerischen Gläubiger unversicherter Forderungen nach schweizerischem Verständnis im ausländischen Hauptverfahren fair behandelt werden. Der vorliegende Fall zeigt auf, wie kompliziert und aufwändig die Rechtsverfolgung für ausländische Konkursverwalter sein kann [vgl. Entscheid-History].

Bedeutung des IPRG-Konkursverfahrens (auch Minikonkurs, Anschlusskonkurs)

Da das Interesse ausländischer Staatsbürger am Finanzplatz Schweiz und am Ferienwohnungsbesitz in Tourismusregionen der Schweiz zugenommen hat, sind auch zusehends mehr Rechtshilfebegehren ausländischer Konkursverwalter zu verzeichnen.

Datum Entscheide
10.10.2006 Amtsgericht A (Finnland) eröffnet auf Antrag der Erbengemeinschaft X über das Vermögen des V den Konkurs und ernannte K zum Konkursverwalter
02.04.2007 Auf Gesuch des K anerkennt Konkursrichterin am Bezirksgericht Zürich das in Finnland ergangene Konkursdekret, eröffnet den Konkurs über das in der Schweiz gelegene Vermögen von V und betraut das Konkursamt Zürich (Altstadt) mit dem Vollzug
02.04.2007 V rekurriert gegen die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets und die Konkurseröffnung in der Schweiz (Begründung: örtliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich).
17.08.2007 Obergericht heisst den Rekurs gut und tritt auf Gesuch um Anerkennung des finnischen Konkursdekrets und um Eröffnung des Konkurses in der Schweiz nicht ein (Begründung: Gesuchsteller K habe Vermögen der Gemeinschuldnerin V in Zürich nicht glaubhaft gemacht).
04.01.2008 Bundesgericht weist Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden konnte, ab [vgl. BGE 5A_539/2007 = Pra 2008 Nr. 77]
24.09.2007 Konkursmasse V und der Erbengemeinschaft X beantragen beim Präsidenten des Kreisgerichts Est vaudois parallel zu dem noch laufenden Verfahren (siehe oben), das in Finnland ergangene Konkursdekret zu anerkennen, da V Eigentümer einer Liegenschaft in Montreux war.
26.11.2007 Unzuständigerklärung des Kreisgerichts Est vaudois infolge der vorausgegangenen Anrufung der zürcherischen Gerichtsbehörden
26.06.2008 Aufhebung des Entscheids des Kreisgerichts Est vaudois durch die Schuldbetreibung und Konkurskammer des Kantonsgerichts Waadt und Rückweisung an die Vorinstanz
17.06.2009 Bundesgericht weist Beschwerde der Schuldnerin ab [vgl. BGE 135 III 566 = Pra 2010 Nr. 62]
08.06.2010 Kreisgericht Est vaudois verweigert Anerkennung des finnischen Konkursdekrets erneut
09.12.2010 Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Kantonsgerichts Waadt ändert den vorinstanzlichen Entscheid insofern ab, als „das von der Konkursmasse von Z und von der Erbengemeinschaft X, deren Rechte vollumfänglich von Y übernommen worden sind, eingereichte Gesuch um Anerkennung des ausländischen Konkurses“ guthiess und „entschied, dass ein Anschlusskonkursverfahren gegen Z in der Schweiz eröffnet wird“
27.05.2011 Beschwerde von Z ans Bundesgericht
17.05.2011 Bundesgericht weist die Beschwerde von Z ab

Gegenrechts-Voraussetzung (IPRG 166 Abs. 1 lit. c)

Gemäss IPRG 166 Abs. 1 lit. c wird das ausländische Konkursdekret in der Schweiz nur dann anerkannt, wenn der Konkurseröffnungsstaat Gegenrecht hält. An die Voraussetzungen sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Das Gegenrecht des Konkurseröffnungsstaates kann durch ein allf. Gesetz oder bestimmte Rechtspraxis nachgewiesen werden.

Das Bundesgericht anerkannt als rechtsgenügend

  • das Rechtsgutachten des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung (SIR), einer Organisation der schweizerischen Eidgenossenschaft
  • die Stellungnahme des finnischen Ombudsmans für Konkurse, eine Amtsstelle des finnischen Justizministeriums, die dazu legitimiert ist, den amtlichen Standpunkt der Regierung Finnlands zu internationalen Konkursfragen zu vertreten.

Es erachtet die Einwendungen der Beschwerdeführer als unbeachtlich, da es diesen nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass die Gutachten so offensichtlich falsch seien und es willkürlich wäre, sich ihnen anzuschliessen (vgl. BGG 106 Abs. 2 und BV 9 iVm BGG 96 lit. b).

Quelle

Die Praxis 3/2012, Nr. 30, S. 209 ff. [BGE 5A_293/2011] = BGE 137 III 517

Art. 166 IPRG

I. Anerkennung

1 Ein ausländisches Konkursdekret, das am Wohnsitz des Schuldners ergangen ist, wird auf Antrag der ausländischen Konkursverwaltung oder eines Konkursgläubigers anerkannt:

a.

wenn das Dekret im Staat, in dem es ergangen ist, vollstreckbar ist;

b.

wenn kein Verweigerungsgrund nach Artikel 27 vorliegt, und

c.

wenn der Staat, in dem das Dekret ergangen ist, Gegenrecht hält.

2 Hat der Schuldner eine Zweigniederlassung in der Schweiz, so ist ein Verfahren nach Artikel 50 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 18891 über Schuldbetreibung- und Konkurs bis zur Rechtskraft des Kollokationsplanes nach Artikel 172 dieses Gesetzes zulässig.

Weiterführende Informationen / Linktipps

5A_539/2007 | bger.ch

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