Baurechtsdienstbarkeit – Vormerkung der Heimfallsvereinbarung im Grundbuch

ZGB 779 ff.

Sachverhalt

Im Fall 5A_178/2017 war vor Bundesgericht nur noch strittig, ob die im Grundbuch vorgemerkte Heimfallvereinbarung für ein Baurecht auf einer Fläche von 1004 m2 (1994), so die Ansicht der Beschwerdeführerinnen (Baurechtsnehmerinnen), oder von 2908 m2 (heute), so die Ansicht des Beschwerdegegners (Baurechtsgeber), gelte. Die Streitfrage war insofern entscheidend, als beim Baurechtsuntergang der Beschwerdegegner als Grundeigentümer den Beschwerdeführerinnen für die heimfallenden Bauten nach Gesetz eine angemessene Entschädigung hätte leisten müssen, nach vorgemerkter Heimfallsvereinbarung aber nichts hätte bezahlen müssen und überdies hätte verlangen können, dass die bestehenden Bauten zu ihren Lasten abgebrochen werden.

Vorausgegangen waren:

  • Baurechtsgeberin
    • Gemeindeverband C. / Beschwerdegegner
  • Baurechtsnehmerin
    • Beschwerdeführerin 2 (als Alleineigentümerin)
  • Baurechtseinräumung
    • 07.1979
      • Am 12./25.07.1979 räumte der Beschwerdegegner der Firma D.________ AG an seinem Grundstück KTN fff ein Baurecht als Personaldienstbarkeit ein. Die Berechtigung umfasste, auf der im Plan grün umrandeten Grundstücksfläche eine Betrieb, Wartung und Verkauf von Autos dienende Service-Stelle zu errichten und beizubehalten. Weiter war vereinbart, dass bei Ablauf des Baurechtsvertrages die bestehenden Bauten, sofern nicht deren ganzer oder teilweiser Abbruch zu Lasten der Baurechtsnehmerin verlangt wird, entschädigungslos dem Grundeigentümer heimfallen und dass diese Vereinbarung im Grundbuch vorzumerken ist. Die mit dem Baurecht belastete Grundstücksfläche betrug gemäss Plan 1440 m2 von insgesamt 2756.7 m2 und grenzte unmittelbar an die E.________strasse. Im Grundbuch wurden ein „Baurecht für Service-Stelle“ gemäss SP ggg als Last eingetragen und „Bestimmungen betr. Heimfall, 25.7.1979, Beleg 426“ vorgemerkt.
  • Baurechtsart
    • Selbständiges und dauerndes Baurecht
  • Baurechtsgegenstand
    • Vertrag: „Autowerkstattgebäude und Parkhaus“
    • Grundbuch: „Baurecht für Service-Stelle“
  • Vormerkung
    • „Bestimmungen betr. Heimfall, 25.7.1979, Beleg 426“ vorgemerkt
  • Ausdehnung der Dienstbarkeiten auf der belasteten Liegenschaft
    • Am 10.09.1985 vereinbarten der Beschwerdegegner und die Firma D.________ AG, das Baurecht um 15 m2 zu erweitern. Sie sahen vor, dass unter anderem in Bezug auf den Heimfall die Bestimmungen des Baurechtsvertrages vom 25.07.1979 gelten. Die Erweiterung erfolgte auf dem Grundstück KTN hhh des Beschwerdegegners. Die Eintragungen und die Vormerkungen wurden mit „10.9.1985, Beleg 370“ ergänzt und lauteten auf dem bisher baurechtsbelasteten Grundstück KTN iii (= alt-KTN fff) und auf dem neu baurechtsbelasteten Grundstück KTN hhh gleich.
  • Änderungen
    • Am 28.03.1994 vereinbarten der Beschwerdegegner und F.________ die Personaldienstbarkeit „Baurecht für Service-Stelle“ gemäss SP ggg von 1455 m2 auf 451 m2 zu verkleinern und mit dem Stichwort „Baurecht für eine Autoeinstellhalle mit Parkdeck“ zu bezeichnen. Sie sahen vor, dass die Bestimmungen betreffend Heimfall gemäss Baurechtsvertrag von 1979 (Beleg 426) mit der Änderung von 1985 (Beleg 370) nur noch für das verkleinerte, im Vertragsplan Nr. 1 blau eingezeichnete Baurecht gültig sind. Dieses Baurecht gemäss SP ggg belastete die beiden Grundstücke KTN iii (= alt-KTN fff) und KTN jjj (= alt-KTN hhh).
    • Auf der frei gewordenen, im Vertragsplan Nr. 1 gelb eingezeichneten Grundstücksfläche von 1004 m2 räumte der Beschwerdegegner zulasten von KTN iii (= alt-KTN fff) F.________ ein selbstständiges und dauerndes Baurecht des Inhalts ein, das Autowerkstattgebäude „als sein Eigentum fortbestehen zu lassen […] und zu erweitern“. Die Vertragsschliessenden vereinbarten unter „Heimfall“, dass bei Ablauf des Baurechtsvertrages ohne Verlängerung der Baurechtsdauer die bestehenden Bauten, sofern nicht deren ganzer oder teilweiser Abbruch zu Lasten des Bauberechtigten verlangt wird, entschädigungslos dem Baurechtsbelasteten heimfallen und dass diese Vereinbarung im Grundbuch vorzumerken ist. 
    • Im Grundbuch wurden je als Last ein „Baurecht für eine Autoeinstellhalle mit Parkdeck“ gemäss SP ggg und ein „Selbständiges und dauerndes Baurecht für ein Autowerkstattgebäude“ gemäss SP bbb eingetragen sowie „Bestimmungen betr. Heimfall, dat. 25.7.1979, Beleg 426, dat. 10.9.1985, Beleg 370, dat. 28.3.1994, Beleg 110“ und „Vereinbarung betr. Heimfall, dat. 28.3.1994, Beleg 110“ vorgemerkt.
  • Baurechtsgrundstücke-Übertragung 1
    • Am 28.03.1994 übertrug die Firma D.________ AG das „Baurecht für Service-Stelle“ gemäss SP ggg mit Zustimmung des Beschwerdegegners an F.________
  • Baurechtsgrundstücke-Übertragung 2
    • Am 17.10.2003 verkaufte F.________ sein „Selbständiges und dauerndes Baurecht für ein Autowerkstattgebäude“ gemäss SP bbb an G.________. Im Kaufvertrag wurde festgehalten, dass der Wortlaut der aufgeführten Anmerkungen, Vormerkungen und Dienstbarkeiten den Parteien bekannt ist, und der Käufer erklärte, eine Kopie des Baurechtsvertrages erhalten und von den entsprechenden Vereinbarungen und Bestimmungen zum Kaufsobjekt Kenntnis genommen zu haben. Der Baurechtsvertrag vom 28.03.1994 wurde von den Vertragsparteien abgezeichnet und in die Kaufvertragsurkunde eingebunden.
  • Grenzänderung resp. Zusammenlegung der beiden Dienstbarkeiten
    • Am 14.04.2005 meldete der Beschwerdegegner eine interne Grenzänderung gemäss Mutationsplan Nr. kkk zur Eintragung im Grundbuch an. Unter Bereinigung aller Anmerkungen, Vormerkungen, Dienstbarkeiten und Grundlasten wurden 298 m2 des Grundstücks KTN jjj (= alt-KTN hhh) dem Grundstück KTN iii (= alt-KTN fff) zugeschlagen. Das Baurecht gemäss SP ggg wie bereits dasjenige gemäss SP bbb belasteten damit ausschliesslich das Grundstück KTN iii (= alt-KTN fff). Das Grundstück KTN iii (= alt-KTN fff) wurde gleichzeitig in KTN ccc und das Grundstück KTN jjj (= alt-KTN hhh) in KTN eee umbenannt.
  • Mitteilung von F.
    • Am 14.04.2005 erklärte F.________ dem Beschwerdegegner, dass er mit Vertrag vom 17.10.2003 G.________ das selbstständige und dauernde Baurecht gemäss SP bbb verkauft und zu Eigentum übertragen habe, dass aber die Übertragung des mitverkauften Baurechts gemäss SP ggg vergessen gegangen sei. Da eine Änderung des Vertrags zwischen dem Beschwerdegegner und G.________ betreffend das Baurecht gemäss SP bbb unmittelbar bevorstand, vereinbarten der Beschwerdegegner und F.________, das zu seinen Gunsten bestehende Baurecht gemäss SP ggg zu löschen. Im Grundbuch gelöscht wurden das „Baurecht für eine Autoeinstellhalle mit Parkdeck“ gemäss SP ggg und die Vormerkung „Bestimmungen betr. Heimfall, dat. 25.7.1979, Beleg 426, dat. 10.9.1985, Beleg 370, dat. 28.3.1994, Beleg 110“.
  • Weitere Vertragsänderung
    • Am 14.04.2005 unterzeichneten der Beschwerdegegner und G.________ einen „Vertrag über die Änderung des Baurechtes SP bbb“. Sie vereinbarten, das Baurecht auf der baurechtsbelasteten Liegenschaft „in Bezug auf die Dauer, die Fläche und den Baurechtszins zu ändern“ (Ziff. II). Das Baurecht auf einer im Vertragsplan Nr. 1 des Jahres 1994 gelb eingezeichneten und im Mutationsplan Nr. kkk blau umrandeten Grundstücksfläche von 1004 m2 wurde auf die gesamte, im Mutationsplan Nr. kkk rot umrandete Fläche des Grundstücks KTN ccc von 2908 m2 ausgedehnt (Ziff. III).
    • Die Verlängerung des Baurechts erfolgte auf 30 Jahre und war mit der Option zugunsten des Baurechtsberechtigten verbunden, das Baurecht maximal vier Mal um je fünf weitere Jahre zu verlängern. Für den Fall, dass vom Optionsrecht kein Gebrauch gemacht werden würde, endigte das Baurecht mit Ablauf des vereinbarten bzw. im Rahmen der letzten Optionsausübung festgelegten Datums und fänden die Heimfallsbestimmungen auf diesen Zeitpunkt hin Anwendung. Künftige Optionsrechte sollten auf Anzeige hin entschädigungslos verfallen, wenn der Baurechtsgeber die baurechtsbelastete Fläche für Erweiterungsbauten der Abwasserreinigungsanlage benötigte. Es wurde ein neuer Wortlaut vereinbart, wonach der Bauberechtigte das selbstständige und dauernde Recht hat, das Autowerkstattgebäude und Parkhaus, das sich auf dem im Vertragsplan rot eingezeichneten Teil der baurechtsbelasteten Liegenschaft befindet, als sein Eigentum fortbestehen zu lassen (Ziff. IV).
    • Die übrigen Vertragsziffern betrafen den Baurechtszins (V), die Errichtung neuer Dienstbarkeiten (VI) und weitere Bestimmungen (VII). Im Grundbuch wurde ein „Selbständiges und dauerndes Baurecht für ein Autowerkstattgebäude und Parkhaus“ gemäss SP bbb zulasten des Grundstücks KTN ccc eingetragen. Die Grundpfandgläubigerin bewilligte die Pfandänderung unterschriftlich. Der Vertrag musste am 7.06.2005 mit Bezug auf die neu errichteten Dienstbarkeiten und den Baurechtszins sowie am 30.06.2005 erneut mit Bezug auf den Baurechtszins berichtigt werden.

(Kursivschrift von Redaktion vorgenommen)

Prozess-History

Auf eine Wiedergabe der ausgedehnten Prozessgeschichte wird an dieser Stelle ebenfalls verzichtet; sie kann unter lit. C (C.a, C.b und C.c) und unter lit. D in der Urteilspublikation (BGer 5A_178/2017 vom 12.01.2018) nachgelesen werden.

Erwägungen

Das Bundesgericht hat also zur Vormerkung der Heimfallsvereinbarung bezüglich eines vorbestandenen Baurechtsdienstbarkeitsvertrages zu entscheiden und traf dabei zusammengefasst folgende Feststellungen:

  • Vormerkungswirkung
    • Durch die Vormerkung im Grundbuch entsteht die realobligatorische Wirkung, nicht aber das Vormerkungsgegenstand bildende Vertragsverhältnis
  • Beurkundungszwang?
    • Umfasst die Heimfallsvereinbarung von Inhalt und Wortlaut her nur Veränderungen innerhalb des vormerkungsbelasteten Grundstücks, bedarf die Ausdehnung des Heimfallsrechts nicht der öffentlichen Beurkundung, falls der Geltungsbereich auf dem belasteten Grundstück ausgedehnt wurde.

Quelle

BGer 5A_178/2017 vom 12.01.2018

Weiterführende Informationen / Linktipps

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