Handelsgericht: Sachl. Zuständigkeit auch für Konsumentenstreitigkeiten

Mit Urteil vom 29.10.2012 [vgl. BGE 4A_210/2012] bestätigte das Bundesgericht die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich für die Klage einer Kundin gegen einen externen Vermögensverwalter betreffend Schadenersatz infolge Kommissionsreiterei (sog. Churning) und betreffend Herausgabe von Kick-backs bzw. Retrozessionen.

Der Beklagte hatte die Unzuständigkeitseinrede erhoben. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies mit Beschluss vom 30.03.2012 die Unzuständigkeitseinrede ab und trat auf die Klage ein. Der Beklagte erhob Berufung ans Bundesgericht.

Strittig war die Frage, ob das Wahlrecht von Art. 6 Abs. 3 ZPO grundsätzlich auch Privatpersonen ohne Unternehmereigenschaft oder nur Einzelunternehmen ohne Registereintrag sowie Personengemeinschaften im Gründungsstadium von Handelsgesellschaften zustehen soll. Eine Mehrheit des Gerichts bejahte die sachliche Zuständigkeit; eine Minderheit vertrat eine restriktive Haltung.

Das Bundesgericht schützte nun die Ansicht der Richtermehrheit des Handelsgerichts des Kantons Zürich, mit folgenden Hauptargumenten:

  • Die Option für Konsumenten war vom Gesetzgeber klar gewollt und im zutreffend verstandenen Art. 6 Abs. 3 ZPO auch deutlich zum Ausdruck gebracht.

  • Die Klägerin ist gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz eine Privatperson, die eine Zivilforderung gegen den im Handelsregister eingetragenen Beschwerdeführer (Vermögensverwalter) eingeklagt hat, die sie aus dessen geschäftlicher Tätigkeit als Vermögensverwalter herleitet.
  • Die Beschwerdegegnerin (Kundin) konnte sich somit auf das Wahlrecht von Art. 6 Abs. 3 ZPO stützen und ihre Forderung gegen den im Kanton Zürich domizilierten Beschwerdeführer vor dem Handelsgericht einklagen.

Das Handelsgericht hatte seine sachliche Zuständigkeit zu Recht bejaht.

Quelle

BGE 4A_210/2012 vom 29.10.2012

Art. 6 ZPO   Handelsgericht

1 Die Kantone können ein Fachgericht bezeichnen, welches als einzige kantonale Instanz für handelsrechtliche Streitigkeiten zuständig ist (Handelsgericht).

2 Eine Streitigkeit gilt als handelsrechtlich, wenn:

a.

die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist;

b.

gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht; und

c.

die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind.

3 Ist nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen, sind aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt, so hat die klagende Partei die Wahl zwischen dem Handelsgericht und dem ordentlichen Gericht.

4 Die Kantone können das Handelsgericht ausserdem zuständig erklären für:

a.

Streitigkeiten nach Artikel 5 Absatz 1;

b.

Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften.

5 Das Handelsgericht ist auch für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen vor Eintritt der Rechtshängigkeit einer Klage zuständig.

Weiterführende Informationen / Linktipps

Handelsgericht des Kantons Zürich: Beschluss vom 30. März 2012 (Quelle: gerichte-zh.ch)

Handelsgericht: Zuständigkeit im Kanton Zürich | zivilprozess.ch

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