Zivilprozessrecht – Inkrafttreten der revidierten Zivilprozessordnung (ZPO): 01.01.2025

Einleitung

Der Bundesrat (BR) hat am 06.09.2023 beschlossen, die erste Revision der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), welche das Parlament am 17.03.2023 verabschiedete, auf den 01.01.2025 in Kraft zu setzen.

Der Inkraftsetzungszeitpunkt soll allen Akteuren genügend Zeit für die Umsetzung der neuen Regeln und die Vorbereitung darauf bieten.

Die revidierte ZPO sieht verschiedene Änderungen vor, auf die nachfolgend kurz eingegangen werden soll.

Die Revisionsziele

Die neuen ZPO-Normen bringen den Rechtssuchenden:

  • Eine Erleichterung des Gerichts-Zugangs;
  • Eine bessere Rechtsdurchsetzung.

Die Gesetzesänderungen

Es sollen die Optimierungspunkte kurz angesprochen werden:

  • Prozesskosten
    • Halbierung der Gerichtskostenvorschüsse
      • Gerichtskostenvorschüsse dürfen inskünftig grundsätzlich nur noch die Hälfte der mutmasslichen Gerichtskosten betragen.
    • Prozesskostenliquidation – Risikotragung durch den Staat
      • Die Gerichte werden neu die Kostenvorschüsse, welche die obsiegende (bzw. nicht-kostenpflichtige) Partei geleistet hatte, an diese zurückerstatten müssen.
        • Bei der heutigen Regelung werden die von der nicht-kostenpflichtigen Partei ursprünglich geleisteten Kostenvorschüsse mit den Gerichtskosten verrechnet.
        • Dies hat zur Folge, dass die nicht-kostenpflichtige Partei die Gerichtskosten selbst bei der Kostenpflichtigen einzutreiben hat und so das Zahlungsausfall-Risiko trägt.
      • Die neue Regelung verlagert das diesbezügliche Inkassorisiko nun an den Staat.
  • Schlichtungsverfahren
    • Künftig soll die Schlichtung (Verfahren vor Friedensrichter zur einvernehmlichen Streitbeilegung) noch häufiger angewandt werden können.
      • Die Schlichtungsbehörde (auch: Friedensrichter) erhält hiezu zusätzliche Kompetenzen.
    • Die ZPO soll damit rechtssicherer und anwenderfreundlicher werden. 
  • Internationale Handelsgerichte
    • Möglichkeit zur Schaffung internationaler Handelsgerichte
      • Der Bund schuf neu die Voraussetzungen, dass die Kantone internationale Handelsgerichte installieren können.
      • So können die Kantone das Handelsgericht für folgende Fälle als zuständig erklären:
        • Betroffenheit der geschäftlichen Tätigkeit mindestens einer Prozesspartei;
        • Streitwert mindestens CHF 100’000;
        • Zustimmung der Prozessparteien zur Zuständigkeit des Handelsgerichts;
        • Sitz bzw. Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt mindestens einer Prozesspartei im Ausland.
      • Die Kantone können, müssen aber nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
        • Es ist davon auszugehen, dass die Kantone Zürich und Genf die Gelegenheit zur Schaffung eines internationalen Handelsgerichts nutzen werden.
    • Englische Verfahrenssprache
      • Die revidierte ZPO erlaubt den Kantonen die Einführung der englischen Sprache als Verfahrenssprache für Prozesse
        • vor internationalen Handelsgerichten oder
        • vor den ordentlichen Gerichten.
      • Vor dem Bundesgericht sind die Prozesse weiterhin in einer Landessprache führen.
  • Vorsorgliche Massnahmen gegen Medienunternehmen
    • Für die gerichtliche Anordnung von vorsorglichen Massnahmen gegen periodisch erscheinende Medien muss der betroffenen Partei, anders als bisher, kein „besonders schweren Nachteil“ mehr entstehen:
      • Ausreichend ist künftig lediglich, aber immerhin, ein „schwerer Nachteil“.
    • Die übrigen Voraussetzungen zur Bewilligung einer vorsorglichen Massnahme gelten unverändert weiter, nämlich:
      • offensichtliches Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes;
      • keine Unverhältnismässigkeit der Massnahme.
  • Digitale Verhandlungen
    • Das Gericht kann künftig Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz durchführen, sofern
      • alle Parteien zustimmen und
      • keine anderslautenden gesetzlichen Bestimmungen bestehen.
  • Mitwirkungsverweigerungsrecht des unternehmensinternen Rechtsdienstes bzw. für Unternehmensjuristen
    • Unternehmensinterner Rechtsdienst
      • Künftig kann eine Partei die Mitwirkung und die Herausgabe von Unterlagen im Zusammenhang mit der Tätigkeit ihres unternehmensinternen Rechtsdienstes unter folgenden Voraussetzungen verweigern:
        • Die betreffende Partei ist im schweizerischen Handelsregister oder einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen;
        • der Rechtsdienst wird von einer Person mit Anwaltspatent geleitet;
        • die betroffene Tätigkeit würde bei einem Anwalt als berufsspezifisch gelten.
    • Unternehmensjuristen
      • Solches gilt auch für im Arbeitsverhältnis der Prozesspartei tätige Unternehmensjuristen im Zusammenhang mit deren Tätigkeit im unternehmensinternen Rechtsdienst.

Der Wortlaut der revidierten ZPO-Bestimmungen

Vorlage der Redaktionskommission für die Schlussabstimmung | parlament.ch

Quelle: fedlex.admin.ch

Weiterführende Informationen

Quelle

Bürgi Nägeli Redaktionsteam

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