Arbeitsrecht / DSG – Whistleblowing: Nationalrat lehnt Bundesrats-Vorschlag ab

Einleitung

NR Remo (SP) hat am 07.05.2003 die Motion 03.3212 von NR Remo Gysin (SP) mit dem Titel „Gesetzlicher Schutz für Hinweisgeber von Korruption“ eingereicht.

Nach mehrmaliger Behandlung in den Räten (siehe „Motions-History“ nachfolgend) wurde der vom Bundesrat auf Parlamentsverlangen eingereicht Gesetzesvorschlag vom 20.11.2013 am 03.06.2019 vom Nationalrat abgelehnt bzw. die Motion abgeschrieben.

Motions-History

Die Chronologie der Motionsbehandlung glich zuerst einer Never Endig Story, der aber vom Nationalrat nun ein jähes Ende gesetzt wurde:

Motion: Chronologie
Quelle: 03.3212 MOTION: Gesetzlicher Schutz für Hinweisgeber von Korruption 

Unbestrittenes Bedürfnis

Eine Chance, Delikte wie Korruption, Veruntreuung, Geldwäscherei, Steuerhinterziehung und –betrug sowie Sittlichkeitsverletzungen am Arbeitsplatz zu entdecken, bieten meistens interne Hinweisgeber.

Da in Privatunternehmen der Grundsatz der Vertraulichkeit für interne Informationen gilt, begeben sich die Hinweisgeber (daher auch Whistleblower) oft arbeitsrechtlich treuwidriges oder gar strafbares Parkett.

Bundesrats-Vorschlag

Der neueste Bundesrats-Vorschlag enthielt eine Melde-Kaskade:

  1. Meldung des Missstandes beim Arbeitgeber
  2. Bei Erfolglosigkeit Meldung an Behörde bzw. als Ultima Ratio an die Öffentlichkeit

Die Kernbereiche der Vorlage betreffen die Bedingungen, bei denen Meldungen des Hinweisgebers im Einklang mit der Treuepflicht des Arbeitnehmers zu stehen hat:

  • Der bundesrätliche Vorschlag verlangte einen „nachvollziehbaren Verdacht“
  • Weiter wurde vorgeschlagen, dass bei ungenügenden Arbeitgeber-Massnahmen eine Meldung an die Behörde zulässig gewesen wäre
  • Schliesslich hätte der Arbeitnehmer in folgenden Fällen an die Öffentlichkeit gelangen können:
    • Keine Behördenmeldung binnen 14 Tagen
    • Entlassung wegen der Meldung

Kritik am Bundesrats-Vorschlag von links und rechts

Die Arbeitnehmer-Vertreter fordern den Ausbau des Kündigungsschutzes für Whistleblower. Die Arbeitgeber wollen demgegenüber keine zusätzlichen Auflagen.

Sachliche Begründung des Nationalrates

Die Begründung für die Ablehnung des Nationalrates kann zusammenfassend wie folgt formuliert werden:

Der Nationalrat befürchtet:

  • Zusätzliche (komplexe) Detailregeln könnten zwar eine gewisse zusätzliche Rechtssicherheit gegenüber dem Status quo erbringen, würden aber umgekehrt den Spielraum für den Richter, auf Besonderheiten des Einzelfalls einzugehen, reduzieren
  • Die auseinanderklaffenden Vorstellungen der Sozialpartner würden keine schnelle Gesetzgebungslösung ermöglichen.

Deshalb der ablehnende Entscheid des Nationalrates.

SRF-Medienbericht

Wer sich näher mit dem Ratsergebnis befassen will, kann den SRF-Beitrag ansehen bzw. anhören:

Quelle: Das Parlament möchte Whistleblower besser schützen, kommt aber nicht voran | srf.ch

Fazit

So sachlich und stringent die Ablehnungsbegründung des Nationalrates auch ist, so sehr bleibt das Grundsatzproblem des Whistleblowing-Bedürfnisses bestehen.

Richtig ist, dass jedes Unternehmen im Rahmen seiner Compliance zur Selbstsorge gehalten ist und grösstes Interesse hat, jeglichen Imageschaden zu vermeiden. Nur versagt meistens die Selbstkontrolle auf oberster Führungsebene. Ob da Gesetzesbestimmungen zu helfen vermögen, ist eine andere Frage.

Jedenfalls geht es darum Verstösse der eigenen Mitarbeiter gegen Gesetze, Verordnungen, Reglemente und interne Weisungen zu prüfen und ggf. zur Anzeige zu bringen.

Quelle

Bürgi Nägeli-Redaktionsteam

Weiterführende Informationen / Linktipps

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