Die Gerüchte über Manipulationen bei den Libor-Satz-Festsetzungen reissen seit der Finanzkrise von 2008 nicht ab. Nach einer Klage des Online-Brokers Charles Schwab gegen elf Banken in den USA Ende 2011 musste dieser Tage nach Bekanntwerden der Involvierung von Barcleys Bank deren Chef Bob Diamond auf politischen Druck hin zurücktreten. In den Schweizer Medien wird gemunkelt, dass auch die Schweizer Grossbanken involviert sein könnten. Nach Medienmitteilungen hat die UBS in der Hoffnung auf eine sog. „Kronzeugen-Regelung“, d.h. Strafbefreiung oder Straferleichterung, Selbstanzeige erhoben. – Worum geht es?
Libor?
Das Kürzel „Libor“ steht für „London Interbank Offered Rate“. Der „Libor“ ist ein sog. „Zinsindex“. Der Referenzzinssatz wird berechnet für:
- 10 Währungen
- 15 Laufzeiten
- von 1 Tag bis 12 Monate Dauer
Für verschiedene Bedürfnisse bzw. Detail-Themen wird eine Vielzahl von Libor-Sätzen geführt.
Welche Funktion hat der Libor?
Der Libor gibt den Satz wieder, den mindestens 8 bis maximal 16 ausgewählte Banken (sog. „Panel-Banken“) untereinander für ungesicherte Kredite auf dem Londoner Geldmarkt in unterschiedlichen Währungen während unterschiedlichen Laufzeiten verlangen.
Auswahlkriterien für „Panel-Banken“
- Ruf der Bank
- Währungskenntnisse
- Marktvolumen
Libor-Basis
Dem Zinsindex liegen nicht echte Geschäfte zugrunde, sondern nur die Meinung der befragten „.Panel-Banken“. – Der Libor basiert als auf dem Vertrauen, dass die „Panel-Banken“ möglichst wahrheitsgetreu wiedergeben. Die nun bekannt gewordenen Manipulationen schaden dem Vertrauen in den Libor.
Libor-Berechnung
Die Berechnung des offiziellen Libor, auch „BBA-Libor“ genannt (BBA = British Bankers Association) erfolgt folgendermassen:
- Umfrage-Ergebnisse der „Panel-Banken“
- Streichung des höchsten und des niedrigsten Viertels (je 25 %)
- aus den verbleibenden 50 %, d.h. der so ermittelten mittleren Werte wird dann der Durchschnittswert ermittelt
Libor-Publikation
Der offizielle sog. „BBA-Libor“ wird an jedem Werktag von Thomson-Reuters publiziert.
Verwendung in Tagesgeschäften
Der Libor ist Basiszins und Grundlage für:
- institutionelle Marktteilnehmer
- Optionen
- Swaps
- Futures
- Grossbanken
- Betriebskredite
- Hypothekarkredite
- Privatkredite
- Sparguthaben
- etc.
- Zentralbanken
- Geldpolitik bzw.
- Währungssteuerung
Welche Behörde ist in der Schweiz zuständig?
Aufgrund der Selbstanzeige der UBS AG hat die Wettbewerbskommission (Weko) eine Untersuchung gegen die Schweizer Grossbanken UBS und CS sowie gegen zehn ausländische Bankinstitute eröffnet (vgl. unsere Berichterstattung vom xx.xx.2012). Diese Banken sollen 2006 bis 2010 mittels Absprachen den Libor (siehe oben) beeinflusst haben. Dank diesen Manipulationen sollen sich die Banken an ihren Kunden bereichert haben.
Auch die FINMA ist involviert. Einerseits würden die Entwicklungen genau verfolgt und man stehe mit den Banken diesbezüglich in Kontakt. Andererseits habe man im Zusammenhang mit der Libor-Untersuchung Amtshilfe-Gesuche erhalten, geprüft und Amtshilfe geleistet.
Quelle
Im Libor-Skandal rollt bei Barclays der erste Kopf | nzz.ch
Libor-Skandal – Rote Karten reichen nicht | handelszeitung.ch
Libor-Skandal – Schweizer Behörden im Schneckentempo | handelszeitung.ch
UBS zeigte sich selbst bei der Weko an | tagesanzeiger.ch
Weiterführende Informationen / Linktipps
Anlegerschutz | anlegerschutz.ch