ZGB 779 ff.; OR 107 und OR 108 Ziffer 1
Im konkreten Fall BGer 5A_941/2022 ging es vor Bundesgericht (BGer) um die für eine Ausübung des vorzeitigen Heimfallrechts notwendigen formellen Voraussetzungen.
Das BGer hatte also zu klären,
- ob für die Geltendmachung des vorzeitigen Heimfalls gemäss ZGB 779 eine Frist einzuhalten ist und,
- ob der baurechtsbelastete Eigentümer dem Baurechtsberechtigten vorgängig eine Nachfrist zur Behebung der Pflichtverletzung anzusetzen hat.
Das BGer kam zum Schluss, dass der baurechtsbelastete Grundeigentümer, welcher sein vorzeitiges Heimfallrecht ausüben will,
- zunächst den Bauberechtigten in analoger Anwendung von OR 107 und OR 108 Ziffer 1 in Verzug setzen und
- ihm zu diesem Zweck eine Frist zur Erfüllung seiner Verpflichtungen ansetzen muss,
- es sei denn, es ergebe sich aus dem Verhalten des Baurechtnehmers, dass sich die Nachfristansetzung als unnütz erweisen würde.
Dies führte zur Gutheissung der Beschwerde und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.
BGer 5A_997/2021 vom 02.06.2022 = BGE 150 III 63 ff.
V. Vorzeitiger Heimfall
1. Voraussetzungen
Art. 779f ZGB 637
Wenn der Bauberechtigte in grober Weise sein dingliches Recht überschreitet oder vertragliche Verpflichtungen verletzt, so kann der Grundeigentümer den vorzeitigen Heimfall herbeiführen, indem er die Übertragung des Baurechts mit allen Rechten und Lasten auf sich selber verlangt.
637 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 (AS 1965 445; BBl 1963 I 969).
2. Ausübung des Heimfallsrechtes
Art. 779g ZGB 638
1 Das Heimfallsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn für die heimfallenden Bauwerke eine angemessene Entschädigung geleistet wird, bei deren Bemessung das schuldhafte Verhalten des Bauberechtigten als Herabsetzungsgrund berücksichtigt werden kann.
2 Die Übertragung des Baurechtes auf den Grundeigentümer erfolgt erst, wenn die Entschädigung bezahlt oder sichergestellt ist.
638 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 (AS 1965 445; BBl 1963 I 969).
3. Andere Anwendungsfälle
Art. 779h ZGB 639
Den Vorschriften über die Ausübung des Heimfallsrechtes unterliegt jedes Recht, das sich der Grundeigentümer zur vorzeitigen Aufhebung oder Rückübertragung des Baurechtes wegen Pflichtverletzung des Bauberechtigten vorbehalten hat.
639 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 (AS 1965 445; BBl 1963 I 969).
4. Rücktritt und Schadenersatz
a. Unter Fristansetzung
Art. 107 OR
1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2 Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
b. Ohne Fristansetzung
Art. 108 OR
Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
- wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
- wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
- wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
Weiterführende Informationen
- Baurecht allgemein
- Baurecht / Ordentlicher Heimfall
- Baurecht / Vorzeitiger Heimfall
- Vertragsrecht / Inverzugsetzung (OR 107)
- Vertragsrecht / Nachfristansetzung (OR 108)
Quelle
Redaktionsteam Bürgi Nägeli Rechtsanwälte