Betreibung/ Zivilprozessrecht – Grundstücks-Neuschätzung: Kein Gerichtsgutachten, sondern betreibungsrechtliche Amtshandlung

VZG 9 Abs. 2 und VZG 99 Abs. 2

Bei der Sachverständigenschätzung gemäss VZG 9 Abs. 2 i. V. m. VZG 99 Abs. 2 handelt es sich

  • nicht um ein Gerichtsgutachten i. S. v. ZPO 183 ff.,
  • sondern um eine betreibungsrechtliche Amtshandlung.

Die Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter (AB-BA) kann delegieren

  • die Auswahl des Sachverständigen und
  • die Fristansetzung zur Leistung des Kostenvorschusses ans Betreibungsamt.

Das Kantonsgericht des Kantons Graubünden

  • hat mit der Delegation das Neuschätzungsverfahren nach VZG 99 Abs. 2 i.V.m. VZG 9 Abs. 2 nicht bundesrechtswidrig angewandt;
  • hat das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin nicht verletzt.

BGer 5A_34/2023 vom 22.08.2023

B. Schätzung

Art. 9 VZG

1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.

2 Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17

17 Fassung gemäss Ziff. I der V des BGer vom 5. Juni 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 2900).

III. Grundbuchauszug und Schätzung

Art. 99 VZG 159

1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).

2 Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.

159 Fassung gemäss Ziff. I der V des BGer vom 4. Dez. 1975, in Kraft seit 1. April 1976 (AS 1976 164).

5. Abschnitt: Gutachten

Art. 183 ZPO   Grundsätze

1 Das Gericht kann auf Antrag einer Partei oder von Amtes wegen bei einer oder mehreren sachverständigen Personen ein Gutachten einholen. Es hört vorgängig die Parteien an.

2 Für eine sachverständige Person gelten die gleichen Ausstandsgründe wie für die Gerichtspersonen.

3 Eigenes Fachwissen hat das Gericht offen zu legen, damit die Parteien dazu Stellung nehmen können.

Weiterführende Informationen

Quelle

Bürgi Nägeli Redaktionsteam

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