Hypothek / Steuern – Vorzeitige Auflösung Hypothekarschuldvertrag: Steuerliche Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigung?

DBG 33 Abs. 1 lit. a / StHG 12

Einleitung

Bis zur konzertierten Entscheid-Publikation des Bundesgerichts vom 28.04.2017 war die steuerliche Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigungen bei einer Hypothekenauflösung umstritten.

Fall 2C_1148/2015 vom 03.04.2017

In einem Fall aus dem Kanton Zürich (2C_1148/2015) hatten die Eigentümer vor dem Verkauf eines Geschäftshaus-Grundstücks die darauf lastenden Hypotheken gegen eine Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig aufgelöst. Ein Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung wurde ihnen bei der Festlegung der Grundstückgewinnsteuer verwehrt.

Fall 2C_1165/2014 + 2C_1166/2014 vom 03.04.2017

In einem Fall aus dem Kanton Neuenburg (2C_1165/2014 / 2C_1166/2014) wurde vor dem Liegenschaftenverkauf durch die vorzeitige Hypotheken-Auflösung ebenfalls eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt. Diese wurde bei den Verkäufern nicht zum Abzug bei der Einkommenssteuer zugelassen.

Erwägungen

Im Zürcher Fall (2C_1148/2015) hiess das Bundesgericht die Beschwerde nun gut:

  • Da die Hypothek unmittelbar vor dem Liegenschaften-Verkauf endgültig und vollumfänglich aufgelöst sowie nicht durch eine Neu-Hypothek ersetzt wurde, durfte die Vorfälligkeitsentschädigung bei der Grundstückgewinnsteuer gewinnmindernd angerechnet werden
  • Diese Ausgestaltung der Entschädigung erfüllte die Voraussetzungen für die Annahme abzugsfähiger „Anlagekosten“ (gemäss StHG 12), welche bei der Grundstückgewinn-Ermittlung zu berücksichtigen seien

Im Neuenburger Fall (2C_1165/2014 / 2C_1166/2014) wies das Bundesgericht die Beschwerde ab:

  • Erfolge die Hypotheken-Auflösung – wie im konkreten Fall – definitiv im Hinblick auf eine Liegenschaften-Veräusserung, dürften Vorfälligkeitsentschädigungen bei der Einkommenssteuer nicht als Schuldzinsen abgezogen werden
  • Ein entsprechender Schuldzins-Abzug könne sich nur dann rechtfertigen, wenn die aufgelöste Hypothek durch eine andere Hypothek beim gleichen Kreditgläubiger ersetzt werde
  • Eine doppelte Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung, d.h. sowohl bei der Grundstückgewinnsteuer als auch bei der Einkommensteuer, sei gemäss bisheriger Rechtsprechung in jedem Fall ausgeschlossen.

Fazit

  • Vorfälligkeitsentschädigung wegen Liegenschaftenverkaufs > Grundstückgewinnsteuer
    • Vorfälligkeitsentschädigungen, welche bei einer vorzeitigen Hypotheken-Auflösung anfallen, sind bei der Grundstückgewinnsteuer als Anlagekosten abziehbar, sofern und soweit die Hypotheken-Auflösung in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Liegenschaften-Verkauf erfolgt.
  • Vorfälligkeitsentschädigung wegen Hypothekenerneuerung > Einkommensteuer
    • Bei der Einkommenssteuer können Vorfälligkeitsentschädigungen nur dann als abzugsfähige Schuldzinsen geltend gemacht werden, wenn das aufgelöste Hypothekenvertragsverhältnis durch ein anderes beim gleichen Kreditgeber ersetzt wird.

Regesten

BGer 2C_1165/2014 / 2C_1166/2014 vom 03.04.2017 = BGE 143 II 396 ff.

Regeste

Art. 33 Abs. 1 lit. a DBG; Art. 12 StHG; Entschädigung für die vorzeitige Auflösung eines Hypothekarschuldvertrags („Vorfälligkeitsentschädigung“).

Falls die vorzeitige Auflösung eines Hypothekarschuldvertrags auf den Verkauf des belasteten Grundstücks zurückzuführen ist, steht eine Entschädigung für die Vertragsauflösung nicht in ausreichend engem Bezug zur Hypothekarschuld, um als Schuldzins im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a DBG zu gelten (E. 2.3 und 2.4). In diesem Fall ist die Situation nach Massgabe der Bestimmungen von Art. 12 StHG über die Grundstückgewinnsteuer zu beurteilen (E. 2.4).

Eine Gleichsetzung der Vorfälligkeitsentschädigung mit Schuldzinsen kann sich rechtfertigten, falls sie im Rahmen eines neuen Darlehensvertrags zu modifizierten Bedingungen anfällt (Vertragsschluss mit demselben Kreditgeber zu besseren Konditionen; E. 2.3; vgl. dazu auch BGE 143 II 382).

 

BGer 2C_1148/2015 vom 03.04.2017 = BGE 143 II 382 ff.

Regeste

Art. 12 StHG; § 216 ff. StG/ZH; Anlagekosten bei der Grundstückgewinnsteuer; im Hinblick auf die Veräusserung der Liegenschaft entrichtete Entschädigung für die vorzeitige Auflösung eines Hypothekarschuldvertrags („Vorfälligkeitsentschädigung“).

Besteuerung von Veräusserungs- und Wertzuwachsgewinnen auf Grundstücken des Privat- bzw. des Geschäftsvermögens gemäss dem sog. dualistischen und dem monistischen System (E. 2).

Freiräume der Kantone bei der Ausgestaltung der Grundstückgewinnsteuer in Bezug auf das Steuerobjekt und dessen Bemessung (E. 3); Beschränkung dieser Freiräume durch bundessteuergesetzliche und harmonisierungsrechtliche Vorgaben (E. 4).

Unterscheidung zwischen drei Varianten von Vorfälligkeitsentschädigungen, insbesondere in Bezug auf deren steuermindernde Geltendmachung bei der Einkommens- oder der Grundstückgewinnsteuer (E. 5.1-5.4; vgl. dazu auch BGE 143 II 396).

Eine bei vollumfänglicher und endgültiger Auflösung des Hypothekarschuldverhältnisses geleistete Vorfälligkeitsentschädigung kann als „Anlagekosten“ gemäss Art. 12 Abs. 1 StHG bzw. § 219 StG/ZH von dem mit der Grundstückgewinnsteuer erfassten steuerbaren Erlös abgezogen werden, wenn sie mit der bevorstehenden Veräusserung der Liegenschaft untrennbar verbunden ist (E. 4.3 und 5.5.1) und einer durch den Veräusserer getätigten, effektiven sowie wertvermehrenden Aufwendung entspricht (E. 4.2, 5.5.2 und 5.5.3).

Quellen

BGer 2C_1165/2014 / 2C_1166/2014 vom 03.04.2017 = BGE 143 II 396 ff.

BGer 2C_1148/2015 vom 03.04.2017 = BGE 143 II 382 ff.

Weiterführende Informationen / Linktipps

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