Aktiengesellschaft: Sonderprüfung – Beschlussfassung und Voraussetzungen

Beim Bundesgericht sind zwei Leitentscheide zum Thema der Sonderprüfung ergangen:

Beschlussfassung

Grundsätzlich ist der Verwaltungsrat (VR) einer Aktiengesellschaft (AG) nicht verpflichtet, auf Begehren eines einzelnen Kleinaktionärs eine ausserordentliche Generalversammlung (a.o.GV) einzuberufen.

Vorgehens-Alternativen:

  • Abwarten der nächsten ordentlichen Generalversammlung
  • Zusammenschliessen mit so vielen anderen Aktionären, bis sie gemeinsam 10 % der Stimmen auf sich vereinen und auf diese Weise eine a.o. Generalversammlung durchsetzen können (vgl. OR 699 Abs. 3).

Wird keine a.o. Generalversammlungen einberufen,

  • muss die Einberufung der GV gerichtlich durchgesetzt werden und
  • in der GV eine Sonderprüfung beantragt werden.

Die Behandlung des Themas der Sonderprüfung an einer GV ist unumgänglich. – Das vom betroffenen Aktionär geltend gemachte Argument, die Weigerung des Verwaltungsrates eine GV einzuberufen, komme einem negativen Entscheid über die Sonderprüfung gleich, fand beim Bundesgericht kein Gehör:

  • Wäre dem so, könnte die Frage der Sonderprüfung direkt dem Richter gestellt werden;
  • Von einer Ablehnung der Sonderprüfung könne nicht gesprochen werden, wenn nicht einmal ein Antrag gestellt werden konnte.

Voraussetzungen

Glaubhaftmachung, dass Gründer oder Organe eines Unternehmens (AG oder GmbH), Gesetz oder Statuten verletzt haben und damit Gesellschaft oder Aktionäre bzw. Gesellschafter geschädigt haben (vgl. OR 697b Abs. 3).

Nicht ausreichend:

  • Vorwurf der ungenügenden Performance
  • zu geringe Risikobereitschaft
  • ungenügende Marktkenntnisse.

Quelle

BGE 4A_554/2011 vom 10.02.2012 | bger.ch

BGE 4A_648/2011 vom 04.04.2012 | bger.ch

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