Konkurs: Ohne Rechtsverfolgungsverzicht der Masse ist SchKG-Abtretung nichtig

SchKG 260, KOV 49 + KOV 63

Einleitung

Nachfolgend werden die rechtlichen Ergebnisse bzw. die möglichen Prozedere beim Verzicht der Masse auf die Geltendmachung von Ansprüchen nach SchKG 260 (Aktivansprüche) bzw. SchKG 260 i.V.m. SchKG 250 (Passivansprüche) aus der jüngeren bundesgerichtlichen Rechtsprechung und die dabei erfolgte Präzisierung zusammenfassend dargestellt.

Grundsatz

Ohne dass die Gläubigergesamtheit auf die Verfolgung des Anspruchs im Namen und auf Rechnung der Masse verzichtet, ist die Abtretung nach SchKG 260 an einzelne Konkursgläubiger nichtig. Eine solche Nichtigkeit ist im Abtretungsprozess von Amtes wegen zu beachten (Präzisierung der Rechtsprechung in BGE 136 III 636, Erw. 2).

Laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist es zulässig, von den Gläubigern nicht die Zustimmung zum Verzicht zu verlangen, sondern diese aufzufordern, gegen den beantragten Geltendmachungsverzicht Einsprache zu erheben.

Ausnahme

Der Antrag der Konkursverwaltung an die Gläubiger, auf die Geltendmachung eines Anspruchs durch die Masse zu verzichten, und die Aufforderung, für den Fall des Verzichts die Abtretung zu verlangen, können im gleichen Rundschreiben Platz finden (BGE 136 III 75, Erw. 3 und 4). Bei diesem Ablauf der internen Willensbildung gilt die Abtretung nach SchKG 260 nicht als nichtig, sondern bloss als anfechtbar, und zwar durch Beschwerde gemäss SchKG 17.

Bei Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner hängige Klage + Abtretung

Im Falle von BGE 134 III 75 stellte sich die Frage, ob die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner hängige Klage fortgeführt werden solle oder nicht.

Die Konkursverwaltung hätte im summarischen Verfahren spätestens mit der Auflegung des Kollokationsplanes (im ordentlichen Konkursverfahren spätestens innert 10 Tagen nach der 2. Gläubigerversammlung) die Gläubiger unter Ansetzung einer 10-tägigen Frist bezüglich der Wiederaufnahme des eingestellten Prozesses anfragen müssen (vgl. KOV 63 Abs. 4 i.V.m. KOV 49 per Analogie). Da die notwendige Anfrage unterblieb, erwies sich die Abtretung der Beklagtenstellung an die (drei) Konkursgläubiger als nichtig.

Quelle

BGE 134 III 75 = Pra 2008 Nr. 92

BGE 136 III 534 = Pra 2011 Nr. 64

BGE 136 III 636 (Präzisierung der Rechtsprechung in Erw. 2)

Weiterführende Informationen / Linktipps

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