Bauhandwerkerpfandrecht: Rechtsmittel bei Anordg od. Verweig. der vorläufigen Eintragung

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der quellen-zitierten Entscheide muss bei der Frage von Zulässigkeit und Art eines Rechtsmittels wie folgt differenziert werden:

  1. Anordnung der vorläufigen Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts
    1. Bisherige Gerichtspraxis
      1. Bis anhin beurteilte das Bundesgericht den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid, der die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch anordnete, als beschwerdefähigen Endentscheid im Sinne von BGG 90
    2. Praxisänderung (BGE 137 III 589 ff.)
      1. Ziele: Prozessökonomie und Verfahrensbeschleunigung
      2. Neue Beurteilung
        1. Entscheid betreffend der Anordnung der Vorläufigen Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes gilt nun als selbständig eröffneter Zwischenentscheid im Sinne von BGG 93 Abs. 1, unter Vorbehalt der Prosequierung durch Klage auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts
        2. Summarisches Verfahren für die Vorläufige Eintragung und der Hauptprozess für die definitive Eintragung bilden eine Einheit
        3. Folge: Rechtsmittelfähigkeit unter besonderen Voraussetzungen (siehe Box 1 unten)
  2. Verweigerung der vorläufigen Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts
    1. Bisherige Gerichtspraxis
      1. unklar
    2. Praxisänderung (BGE 137 III 589 ff.)
      1. Neue Beurteilung
        1. Vorrang materiellen vor formellem Recht
          • = (Kollisions-)Lücke in der ZPO bezüglich ZGB 839 Abs. 2 iVm ZGB 961 Abs. 3
          • Bundesgerichtliche Lückenschliessung durch BGE 137 III 589 ff. durch Oeffnung des Rechtsmittelwegs, durch Ermöglichung der Anfechtung auf dem kantonalen Rechtsmittelweg
        2. Entscheide betreffend Verweigerung der (superprovisorischen) Anordnung der Vorläufigen Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes durch Vormerkung im Grundbuch gelten als beim Bundesgericht anfechtbarer Endentscheid. – Will der Unternehmer keinen Rechtsverlust erleiden, hat er also die Verweigerung der der Vorläufigen Eintragung bei der kantonalen Rechtsmittelinstanz, d.h. beim zuständigen Obergericht bzw. Kantonsgericht, mit Berufung [vgl. ZPO 308 Abs. 1 lit. b] oder subsidiär mit Beschwerde [vgl. ZPO 319 lit. a] anzufechten (siehe Box 2 unten).

Die neue Rechtsprechung für den „Anordnungsfall“ (Ziffer 1 oben) ist zu begrüssen, spart sie doch allen Beteiligten Aufwand und Kosten, können doch die vom Unternehmer nur glaubhaft zu machenden, strittigen Punkte in einem Rechtsmittel zur Vorläufigen Eintragung nicht genügend geklärt werden; in diesem Fall soll der Unternehmer möglichst rasch den Hauptprozess auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts aufnehmen können.

Die Praxisänderung geht beim „Verweigerungsfall“ (Ziffer 2 oben) zu Recht von einem Vorrang von materiellem vor formellem Recht aus und stellt sicher, dass der abgewiesene Unternehmer sich durch Rechtsmittelergreifung vor einem (definitiven) Rechtsverlust schützen kann.

Quelle

BGE 4A_577/2011 vom 04.10.2011 = BGE 137 III 417 ff. | polyreg.ch

BGE 5A_509/2011 vom 18.10.2011 = BGE 137 III 589 ff. | polyreg.ch

BGE 5A_541/2011 vom 03.01.2012 | polyreg.ch

Art. 93 BGG   Andere Vor- und Zwischenentscheide

1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:

a.

wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder

b.

wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.

2 Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.1 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.

3 Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.

Art. 308 ZPO   Anfechtbare Entscheide

1 Mit Berufung sind anfechtbar:

a.

erstinstanzliche End- und Zwischenentscheide;

b.

erstinstanzliche Entscheide über vorsorgliche Massnahmen.

2 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Berufung nur zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens 10 000 Franken beträgt.

Art. 319 ZPO   Anfechtungsobjekt

Mit Beschwerde sind anfechtbar:

a.

nicht berufungsfähige erstinstanzliche Endentscheide, Zwischenentscheide und Entscheide über vorsorgliche Massnahmen;

b.

andere erstinstanzliche Entscheide und prozessleitende Verfügungen:

1.

in den vom Gesetz bestimmten Fällen,

2.

wenn durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht;

c.

Fälle von Rechtsverzögerung.

Weiterführende Informationen / Linktipps

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