Reiserecht – Fluggepäck: Beschädigung, Verspätung oder Verlust?

Tipps für Verlustvermeidung und Schadensabwicklung

Einleitung

In den Hauptreise-Saisons nutzen besonders viele Passagiere die Flughäfen und Airlines.

Oft entstehen bei der Gepäckabfertigung Stress und Streit. Meist muss eine Flut von Gepäckstücken von den Airlines bzw. vom Bodenpersonal verarbeitet werden. Kein Wunder kommt es zu Gepäck-Beschädigungen, Gepäckverlusten oder Eintreffens-Verspätungen.

Die Folgen sind Ärger bei der Weiterreise und zusätzliche Aufwendungen für den Ersatz des Koffers und seines Inhalts wie Kleider, persönliche Utensilien und dergleichen.

Der Ärger

Das Ärgernis ist gross, wenn das Reisegepäck zu spät oder gar nicht eintrifft

  • am Reiseziel oder
  • nach der Rückkehr.

Es geht darum, dass

  • eingecheckte Koffer und Taschen auf dem Abflughafen liegenbleiben;
  • die Koffer und Taschen nicht auf dem Förderband des Zielflughafens ausgeliefert werden;
  • Koffer
    • entweder für längere Zeit verschwunden bleiben, weil sie irgendwo «herumreisen»;
    • oder ohne Wissen in einer Flughafen-Gepäckablage stehen.

Die Auseinandersetzungen

Solche Probleme sorgen vermehrt für Auseinandersetzungen zwischen

  • Passagieren
  • Airlines
  • Flughafen-Service «Lost & Found»
  • Reiseversicherer

und «landen» bei Uneinigkeit oft beim Ombudsman der Schweizer Reisebranche.

Die Risikofaktoren

Das Verlust- oder Verspätungs-Risiko erhöht sich bei:

  • Langstreckenflügen
  • Umsteigeflügen, d.h. mit Zwischenstopp(s) (45 % der Gepäck-Handling-Fehler an Umsteige-Airports)
  • Ausweichflüge.

Gründe für Gepäckverspätungen im globalen Flugverkehr im Jahr 2022

Quelle: Ursachen für Gepäckverspätungen im Flugverkehr 2022 | Statista

Der Gepäck-Tracker

Die Gepäckstücke können auch mit einem GPS-Tracker versehen werden:

Fluggepäck-Ortungs-Tracker nun erlaubt

Viele dieser GPS-Tracker werden mit Apps geliefert, mit denen der aktuelle Gepäck-Standort auf dem Smartphone angezeigt und nachverfolgt werden kann.

Die Tipps

Den Passagieren kann folgendes empfohlen werden:

  • mit möglichst wenig Gepäck reisen
  • nicht mit den teuersten Kleidern reisen
  • nur mit Handgepäck fliegen, v.a. bei Kurzstreckenflügen
  • Gepäck
    • Designergepäck vermeiden
    • auffällige und nicht zu teure Gepäckstücke verwenden
  • Koffer mit aktueller Zieladresse beschriften (Reisezielkoordinaten / Heimanschrift)
    • Gepäcktags und Barcodes aus früheren Reisen bei den Koffern entfernen
  • Fotos
    • von Koffern + Taschen
    • Golfsäcken + und Golfbags
    • Vorteile von Gepäck- und Inhaltfotos:
      • Verlust- bzw. Schadennachweis
      • Handling der Schadenmeldung beim Airport-Lost & Found
  • GPS-Tracken der Gepäckstücke
  • Vorort-Handeln und Schadenanzeige beim Airport-Lost & Found platzieren
  • Bezahlung mit Kreditkarte; diese beinhaltet häufig auch entsprechende Versicherungen.

Quelle: Reise des Koffers: Vom Check-in zur Gepäckausgabe | TUI 

Die Schadenanzeige

Im Falle einer Gepäckverspätung oder eines Gepäckverlustes sollte schnellstmöglich reagiert werden:

  • Betroffene Flugpassagiere sollten etwaige Entschädigungsansprüche umgehend bzw. fristgerecht geltend machen:
    • Individualreisen
      • Schadenanzeige gegenüber der Airline
      • Die Frist beträgt in der Regel 21 Tage
    • Pauschalreisen
      • Schadenanzeige gegenüber dem Reiseveranstalter
      • Bei Pauschalreisen können die betroffenen Reisenden eine Reisepreis-Minderung fordern.
  • Aufbewahrung sämtlicher Kaufbelege und Zahlungsquittungen für die Anschaffung notwendiger Ersatzartikel.
  • Meldung auf Flughafen, um Beweisbelege zu haben.

Weiter zu beachtende Fristen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen, unter «Die Entschädigungsfrage».

Die Entschädigungsfrage

Allgemeines

Ist das Gepäck beschädigt oder ist es am Reiseziel nicht eingetroffen, entbrennen jeweils Diskussionen. Die Meinungen gehen häufig auseinander und die Erwartungen der Reisenden werden oft nicht erfüllt.

Rechtsgrundlagen

Schadensberechnung über sog. «Sonderziehungsrechte (SZR)»

Aus Gründen der internationalen Schadensentstehung und -abwicklung unter den Airlines bzw. Bodenabwicklung bzw. mit den Passagieren wurde 1969 vom «Internationalen Währungsfonds (IWF)» als internationale Rechnungs- und Zahlungseinheit geschaffen:

  • Das sog. «Sonderziehungsrecht (SZR)»

Der Wert eines «SZR» wird täglich auf Basis der wichtigsten internationalen Währungen berechnet (Dollar, Euro, japanischer Yen, britisches Pfund):

  • Ein «SZR» entspricht ungefähr CHF 1.15 (Stand Februar 2020).

Beschädigung des Reisegepäcks

Wurde das Reisegepäck irgendwo auf der Welt auf einem Flug beschädigt, welcher von einer Fluggesellschaft aus der Schweiz oder der EU durchgeführt wurde:

  • Je nach Schaden, der dadurch entstanden ist, kann bis zu 1288 SZR *) Entschädigung pro Flugpassagier verlangt werden.

Ferner wird differenziert und ist zu beachten:

  • «Nicht aufgegebenes Gepäck» + «persönliche Gegenstände»
    • Für Schäden am «nicht aufgegebenen Gepäck» und an «persönlichen Gegenständen» haftet das Transportunternehmen, wenn der Schaden durch das Unternehmen, einen seiner Mitarbeiter oder seiner Beauftragten verursacht wurde.
  • «Aufgegebenes Gepäck»
    • Schäden «am aufgegebenen Gepäck» müssen schriftlich innert maximal 7 Tage nach Empfang gemeldet werden.

Bemerkung: Häufig sind diese Beträge ungenügend, um den Schaden zu decken.

Verspätung des Reisegepäcks

Kommt Ihr Gepäck verspätet am Ziel an:

  • Je nach Schaden, der dadurch entstanden ist, kann bis zu 1288 SZR *) Entschädigung pro Flugpassagier verlangt werden.

Verspätungen des «aufgegebenen Gepäcks» müssen bis spätestens 21 Tage nach der Gepäckaufgabe vom Berechtigten schriftlich dem Transportunternehmen gemeldet werden.

Verlust des Reisegepäcks

Hat das Transportunternehmen den Verlust des «aufgegebenen Gepäcks» anerkannt oder ist das Gepäck 21 Tage, nachdem es hätte eintreffen sollen, noch nicht am Ziel angekommen:

  • Je nach Schaden, der dadurch entstanden ist, kann bis zu 1288 SZR *) Entschädigung pro Flugpassagier verlangt werden.

Der Gepäckverlust muss bis spätestens 7 Tage, nachdem er festgestellt wurde, gemeldet werden.

Fälle ohne Haftungsbeschränkung der Airline

Die Ersatzpflicht des Transportunternehmens ist nicht auf 1288 SZR *) begrenzt, wenn es sich folgendes vorwerfen lassen muss:

  • Vorsätzliche Handlung oder
  • Grobfahrlässige Handlung.

Geltendmachung gegenüber der Airline

Im Falle der Beschädigung, des Verlusts oder der Verspätung eines Reisegepäcks sollte sofort ein Vertreter der Airline, welche den Flug durchführt hat, verlangt werden, damit er sich der Sache annimmt.

Für den Fall einer Nicht- oder nicht angemessen Entschädigung steht dem betroffenen Flugpassagier der Weg vor das zuständige Zivilgericht offen:

Ärgernis verschleppter Schadenersatzzahlungen

Zu einem weiteren Ärgernis kann die schleppende Bezahlung anerkannter Schadenersatzansprüche durch bestimmte Airlines führen.

Die Ombudsstelle der Schweizer Reisebranche

Viele erzürnte Reisende rufen die Ombudsstelle der Schweizer Reisebranche an, um eine Entschädigungslösung zu finden.

Funktion:

«Der Ombudsman der Schweizer Reisebranche ist eingesetzt als Vermittler bei Unstimmigkeiten zwischen der Kundschaft und Reiseunternehmen der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, welche diese miteinander nicht zufriedenstellend lösen können.»

Quelle: Zuständigkeit | ombudsman-touristik.ch

Link:

Anschrift / Kontakt:

Fazit

Es gibt keine Gewähr, dass das Fluggepäck nicht verloren geht:

  • Das Befolgen der oben erwähnten Tipps kann helfen, das Risiko zu minimieren.

Hat man präventiv alle Vorsichtsmassnahmen getroffen, muss man sich bei einem Gepäckverlust keine Vorwürfe machen.

Eine private Reiseversicherung wäre häufig je nach Gepäckinhalt und Reisedestination zu empfehlen.

Gute Reise!

Weiterführende Informationen

Quelle

Redaktionsteam Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

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