Immobiliarsachenrecht – Stockwerkeigentum: Zulässige Verschärfung des Mehrheitserfordernisses von ZGB 712g Abs. 3

Ein höheres Quorum als die einfache Mehrheit (in casu eine Zweidrittelsmehrheit) für die Abänderung der Benutzungs- und Verwaltungsordnung einer Stockwerkeigentümergemeinschaft (StWEG) in einem Reglement

  • stellt laut Bundesgericht (BGer) eine zulässige restriktive Abweichung von ZGB 712g Abs. 3 dar,
    • sofern und soweit der Zweck der Bestimmung gewahrt bleibt,
      • nämlich:
        • die Gewährleistung des Minderheitenschutzes und
        • die verbleibende Möglichkeit zur Anpassung des Reglements.

BGer 5A_100/2020 vom 15.08.2023   =   BGE 149 III 393

C. Verwaltung und Benutzung

I. Die anwendbaren Bestimmungen

Art. 712g ZGB

1 Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum.

2 Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerkeigentümer.

3 Im übrigen kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, dass ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung aufgestellt und im Grundbuch angemerkt werde, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme durch Beschluss mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt ist, bedarf und mit dieser Mehrheit, auch wenn es im Begründungsvertrag aufgestellt worden ist, geändert werden kann.

4 Eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer.593

593 Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 4637BBl 2007 5283).

II. Gemeinschaftliche Kosten und Lasten

1. Bestand und Verteilung

Art. 712h ZGB

1 Die Stockwerkeigentümer haben an die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und an die Kosten der gemeinschaftlichen Verwaltung Beiträge nach Massgabe ihrer Wertquoten zu leisten.

2 Solche Lasten und Kosten sind namentlich:

  1. die Auslagen für den laufenden Unterhalt, für Reparaturen und Erneuerungen der gemeinschaftlichen Teile des Grundstückes und Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen;
  2. die Kosten der Verwaltungstätigkeit einschliesslich der Entschädigung des Verwalters;
  3. die den Stockwerkeigentümern insgesamt auferlegten öffentlich-rechtlichen Beiträge und Steuern;
  4. die Zins- und Amortisationszahlungen an Pfandgläubiger, denen die Liegenschaft haftet oder denen sich die Stockwerkeigentümer solidarisch verpflichtet haben.

3 Dienen bestimmte gemeinschaftliche Bauteile, Anlagen oder Einrichtungen einzelnen Stockwerkeinheiten nicht oder nur in ganz geringem Masse, so ist dies bei der Verteilung der Kosten zu berücksichtigen.

Weiterführende Informationen

Quelle

Bürgi Nägeli Redaktionsteam

Die Kommentare sind geschlossen.