Auftragsrecht – Unautorisierte «Execution-only-Transaktionen: Haftungs- statt Erfüllungsklage gegen die Bank

OR 398 Abs. 2 i.V.m. OR 101 Abs. 1; OR 97 Abs. 1

Führt ein Bankmitarbeiter im Rahmen einer «Execution-only»-Bankbeziehung willentlich Transaktionen ohne Ermächtigung zum Nachteil des Bankkunden aus, hat der Kunde den erlittenen Vermögensnachteil nicht mittels einer Erfüllungs-, sondern einer Haftungsklage bei der Bank geltend zu machen.

12 Transaktionen wurden willentlich ohne Weisung oder Zustimmung des Bankkunden, eines türkischen Textilunternehmers, ausgeführt.

Möchte der Bankkunde wegen der vertragswidrigen Transaktion gegen die Bank klagen, hat er angesichts der differenzierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung von BGE 146 III 121 (BGer 4A_504/2018 vom 10.12.2019) zu prüfen, ob er einen Erfüllungs- oder einen Haftungsanspruch geltend machen muss.

Der Bankkunde konnte daher nicht einzig die Rückerstattung seines Vermögensnachteils verlangen,

  • sondern musste seinen Schaden im Sinne der Differenztheorie nachweisen.

Dies ist dem Bankkunden in Bezug auf die 11 EURO-Transaktionen gelungen.

In Bezug auf die GBP-Transaktion war das vorinstanzliche Urteil aber aufzuheben, da die Vorinstanz den diesbezüglichen Anspruch des Bankkunden zu Unrecht einzig auf der Grundlage einer Erfüllungsklage prüfte.

Das Bundesgericht (BGer) präzisierte damit in concreto seine Rechtsprechung zur Anspruchsgrundlage des Bankkunden bei einer vertragswidrigen Transaktion der Bank und hob das Urteil der Vorinstanz teilweise auf.

BGer 4A_407/2021 vom 13.09.2022   =   BGE 149 III 105 ff.

Art. 398 OR

1 Der Beauftragte haftet im Allgemeinen für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis.

2 Er haftet dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes.

3 Er hat das Geschäft persönlich zu besorgen, ausgenommen, wenn er zur Übertragung an einen Dritten ermächtigt oder durch die Umstände genötigt ist, oder wenn eine Vertretung übungsgemäss als zulässig betrachtet wird.

3. Haftung für Hilfs­personen

Art. 101 OR

1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.

2 Diese Haftung kann durch eine zum voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden.

3 Steht aber der Verzichtende im Dienst des andern oder folgt die Ver­antwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessio­nierten Gewerbes, so darf die Haftung höchstens für leichtes Ver­schulden wegbedungen werden.

Zweiter Abschnitt: Die Folgen der Nichterfüllung

A. Ausbleiben der Erfüllung

I. Ersatzpflicht des Schuldners

1. Im Allgemeinen

 Art. 97 OR

1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entste­henden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

2 Für die Vollstreckung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 188943 über Schuldbetreibung und Konkurs sowie der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200844 (ZPO).45

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