Steuern / StHG / StG/ZH / Vermögensbesteuerung – Liegenschaftenbewertung: Abweichung von der Formelbewertung zur Individualschätzung?

§ 39 Abs. 4 StG/ZH

Sachverhalt:

«A.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) ist Miteigentümerin eines Mehrfamilienhauses in der Gemeinde U.________/ZH. Ihr Miteigentumsanteil beträgt 50 Prozent. Das Haus besteht aus drei Wohnungen und einem Atelier. Die Steuerpflichtige bewohnt die Attikawohnung. In ihrer Steuererklärung für die Steuerperiode 2017 deklarierte sie für das Haus folgende Mietzinse (50 Prozent) : 

Stockwerk  Wohnungstyp  Mietzins  
2  Attika  Fr. 8’486.–  
1  Wohnung  Fr. 12’815.–  
EG  Wohnung  Fr. 11’785.–  
EG  Atelier  Fr. 2’816.–  
Total   Fr. 35’902.–  

Weiter deklarierte die Steuerpflichtige bezüglich der Liegenschaft einen Vermögenssteuerwert von Fr. 508’000.–, was ungefähr der Kapitalisierung der deklarierten Erträge mit einem Kapitalisierungssatz von 7,05 Prozent entspricht (Fr. 509’248.–). 

Im Einschätzungsvorschlag vom 4. März 2019 erhöhte das Steueramt des Kantons Zürich (KStA/ZH; nachfolgend: die Veranlagungsbehörde) den Vermögenssteuerwert von Fr. 508’000.– auf Fr. 895’500.–. Die Veranlagungsbehörde begründete die Erhöhung damit, dass der deklarierte Wert mit Blick auf den versicherten Gebäudewert und den Landwert klar unterhalb der gesetzlichen Bandbreite von 70 bis 100 Prozent des effektiven Verkehrswerts liege. Ausgehend vom Zeitbauwert des Gebäudes (Versicherungswert abzüglich Altersentwertung) und vom Landwert ergebe die steueramtliche Berechnung einen Marktwert der Liegenschaft von Fr. 2’455’928.– bzw. einen Vermögenssteuerwert von Fr. 1’719’000.– (70 Prozent von Fr. 2’455’928.–). Der hälftige Anteil der Steuerpflichtigen betrage mithin Fr. 859’500.–. An diesem Vorschlag hielt die Veranlagungsbehörde mit Verfügung vom 20. Juni 2019 fest.»

Verfahrens-History

  • Veranlagungsbehörde
    • Die Einsprache der Steuerpflichtigen gegen die Verfügung vom 20. Juni 2019 wies die Veranlagungsbehörde am 26. November 2019 ab.  
  • Steuerrekursgericht des Kantons Zürich
    • Die Steuerpflichtige erhob gegen den Einspracheentscheid vom 26. November 2019 Rekurs an das Steuerrekursgericht des Kantons Zürich.
    • Der Einzelrichter erkundigte sich am 22. September 2020 bei ihr danach, ob sie die individuelle Verkehrswertschätzung der Veranlagungsbehörde in quantitativer Hinsicht akzeptiere. Dies würde es erlauben, die Streitsache auf die Grundsatzfrage zu beschränken, ob bei Anwendung der einschlägigen Weisung des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 12. August 2009 ein Abweichen vom Formelwert in der gegebenen Konstellation zulässig sei.
      • Die Steuerpflichtige stimmte dieser Verfahrensbeschränkung zu, worauf das Steuerrekursgericht den Rekurs am 29. Oktober 2020 einzelrichterlich abwies.
  • Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
    • Hierauf gelangte die Steuerpflichtige an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Mit einzelrichterlichem Entscheid vom 20. Januar 2021 im Verfahren SB.2020.00115 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ebenso ab.  
  • Bundesgericht
    • Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. Februar 2021 beantragte die Steuerpflichtige, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Vermögenssteuerwert ihres Miteigentumsanteils entsprechend der Deklaration in ihrer Steuererklärung festzulegen.

Erwägungen des Bundesgerichts

Aufgrund der Detailerwägungen ist es jedenfalls nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz zum Ergebnis gekommen ist, dass § 39 Abs. 4 StG/ZH (siehe Box unten) eine individuelle Schätzung mit dem Zielwert 90 Prozent des effektiven Marktwerts vorsieht, wenn die Formelbewertung zu einem höheren als dem effektiven Marktwert führt:

  • Eine über Einzelfälle hinausgehende Unterschreitung von 70 Prozent ist ebenso wie eine Überschreitung von 100 Prozent des effektiven Marktwerts von Bundesrechts wegen ausgeschlossen.
  • Es stand dem Kanton Zürich frei, was er für den Fall vorsieht,
    • dass die angewandte Bewertungsmethode bei formelmässiger Bewertung Werte unter- oder oberhalb des Rahmens von 70 Prozent bis 100 Prozent des effektiven Marktwerts resultiert.
  • Es muss laut Bundesgericht aber sichergestellt sein,
    • dass die korrigierten Werte, welche als Vermögenssteuerwerte festgelegt werden, sich innerhalb des bundesrechtlich vorgegebenen Rahmens halten.
  • Davon konnte für den Kanton Zürich ausgegangen werden:
    • Bei einer Überschreitung des Rahmens sieht nämlich § 39 Abs. 4 StG/ZH (siehe Box unten) als Zielwert eine individuelle Schätzung 90 Prozent des effektiven Marktwerts vor,
      • ebenso auch Rz. 82 Weisung RR/ZH 2009.
    • Bei einer Unterschreitung des Rahmens der formelmässigen Bewertung ist, wie im vorliegenden Fall, der Vermögenssteuerwert gestützt auf eine individuelle Schätzung festzulegen, wobei er 70 Prozent des auf diese Weise ermittelten Verkehrswerts zu betragen hat.  

Entscheid des Bundesgerichts

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen erwies sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.  

BGer 2C_194/2021 vom 23.12.2021

II. Bewertung

§ 39. StG/ZH

1 Das Vermögen wird zum Verkehrswert bewertet.

2 Immaterielle Güter und bewegliches Vermögen, die zum Geschäftsvermögen der steuerpflichtigen Person gehören, werden zu dem für die Einkommenssteuer massgeblichen Wert bewertet.

3 Der Regierungsrat erlässt die für eine gleichmässige Bewertung von Grundstücken notwendigen Dienstanweisungen. Es kann eine schematische, formelmässige Bewertung vorgesehen werden, wobei jedoch den Qualitätsmerkmalen der Grundstücke, die im Falle der Veräusserung auch den Kaufpreis massgeblich beeinflussen würden, angemessen Rechnung zu tragen ist. Die Formel ist so zu wählen, dass die am oberen Rand der Bandbreite liegenden Schätzungen nicht über dem effektiven Marktwert liegen.

4 Führt in Einzelfällen die formelmässige Bewertung dennoch zu einem höheren Vermögenssteuerwert, ist eine individuelle Schätzung vorzunehmen und dabei ein Wert von 90 Prozent des effektiven Marktwertes anzustreben.

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