Nachbarrecht – Nachbarbegriff im Nachbarstreit

ZGB 687 / ZGB 688

Das Bundesgericht hatte im Prozessfall 5A_968/2019 ein Nachbarstreit zu beurteilen.

Der Nachbarstreit drehte sich um Hecken und Bäume in Unterabstand:

  • eine Thuja-Hecke
  • eine 11,2 m hohe Scheinzypresse
  • eine 10 m hohe amerikanische Roteiche
  • eine 14,75 m hohe dornenlose Gleditschie.

Die betreffenden Grundstücke sind durch einen ca. 1.6 m breiten, öffentlichen Fluhgutweg voneinander getrennt.

Die Beschwerdeführer machten in erster Linie geltend, die Beschwerdegegner seien nicht aktivlegitimiert, um die Beseitigung der drei sich auf dem Grundstück der Beschwerdeführer befindenden obgenannten Bäume zu verlangen, da diese infolge des zwischen ihren Grundstücken verlaufenden öffentlichen Fluhgutwegs nicht direkte Nachbarn der Beschwerdeführer seien. Insoweit habe das Kantonsgericht St. Gallen ZGB 687 und ZGB 688 verletzt.

Anders als die Beschwerdeführer kam das Bundesgericht zum Schluss, dass im Zusammenhang mit ZGB 687 f. bei räumlicher Betroffenheit von einem eher weit gefassten Nachbarbegriff auszugehen sei.

Im Nachbarrecht gelte der Grundsatz von ZGB 684, wonach jedermann verpflichtet sei, sich aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten. Für Pflanzen seien in ZGB 687 f. Spezialbestimmungen vorgesehen.

Quelle

BGer 5A_968/2019 vom 20.05.2020

Art. 687 ZGB   B. Beschränkungen / III. Nachbarrecht / 3. Pflanzen / a. Regel

3. Pflanzen

a. Regel

1 Überragende Äste und eindringende Wurzeln kann der Nachbar, wenn sie sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden, kappen und für sich behalten.

2 Duldet ein Grundeigentümer das Überragen von Ästen auf bebauten oder überbauten Boden, so hat er ein Recht auf die an ihnen wachsenden Früchte (Anries).

3 Auf Waldgrundstücke, die aneinander grenzen, finden diese Vorschriften keine Anwendung.

Art. 688 ZGB   B. Beschränkungen / III. Nachbarrecht / 3. Pflanzen / b. Kantonale Vorschriften

b. Kantonale Vorschriften

Die Kantone sind befugt, für Anpflanzungen je nach der Art des Grundstückes und der Pflanzen bestimmte Abstände vom nachbarlichen Grundstück vorzuschreiben oder den Grundeigentümer zu verpflichten, das Übergreifen von Ästen oder Wurzeln fruchttragender Bäume zu gestatten und für diese Fälle das Anries zu regeln oder aufzuheben.

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