Arbeitsrecht – Arbeitszeugnis: Erwähnung von Abwesenheitsgründen

Nicht nur zulässig, sondern unter Umständen notwendig

Sachverhalt

Eine Gerichtsschreiberin des Schweizerischen Bundesverwaltungsgerichts war nach ihrem Mutterschaftsurlaub krankgeschrieben. In dieser Abwesenheitszeit machte sie die Anwaltsprüfung. Als das Bundesveraltungsgericht davon erfuhr, forderte es die Juristin zweimal auf, wieder zu arbeiten. Weil die Mitarbeiterin nicht zur Arbeit erschien, wurde ihr fristlos gekündigt, wogegen sie sich beim Schweizerischen Bundesstrafgericht zur Wehr setzte. Vor Bundesstrafgericht forderte die ehemalige BVGer-Mitarbeiterin drei weitere Monatslöhne. Man habe ihr aus Rache gekündigt, weil sie zuvor eine Diskriminierung moniert habe.

Prozess-History

Die von der Juristin dagegen erhobene Beschwerde hiess die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Entscheid vom 20.12.2017 teilweise gut und verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht, ihr (unter anderem) innert 10 Tagen ab Rechtskraft des Entscheides ein im Sinne der Erwägungen abgeändertes Arbeitszeugnis auszustellen. – Wegen der Unrechtmässigkeit der fristlosen Kündigung endete das Arbeitsverhältnis ordentlich.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Schweizerische Bundesgericht stellte die Juristin in der Folge das Rechtsbegehren, das Bundesverwaltungsgericht sei zu verpflichten, ihr (unter anderem) ein Arbeitszeugnis mit den in der Beschwerde angeführten Änderungen auszustellen.

Zusammenfassung der Begründung

Redaktionshoheit

Das Bundesgericht weist zunächst darauf hin, dass Formulierung und Wortwahl des Arbeitszeugnisses grundsätzlich dem Arbeitgeber überlassen sei. Der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung. Der Arbeitgeber sei daher nicht verpflichtet, vom Arbeitnehmer gewünschte Formulierungen zu übernehmen.

Benennung von Abwesenheitsgründen

Die Beschwerdeführerin wendete sich in ihrer Beschwerde weder gegen die Nennung der Abwesenheit an sich noch gegen deren Dauer. Sie vertrat indessen die Auffassung, dass die Begründung für die Absenz „Mutterschaft/Krankheit“ weder wahr noch wohlwollend und deshalb aus dem Arbeitszeugnis zu streichen sei. Als Begründung machte sie geltend, die Angabe „Krankheit“ in einem Arbeitszeugnis sei offensichtlich ein Nachteil und biete Anlass zu Spekulationen über den Grund. Die Nennung der „Mutterschaft“ sei ebenfalls zu streichen. Zur Vermeidung einer Benachteiligung hinsichtlich ihrer familiären Verhältnisse stünde ihr im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens sogar das „Notwehrrecht der Lüge“ zu. Es seien alle Angaben, die ihren privaten Lebensbereich beträfen und für ein zukünftiges Arbeitsverhältnis nicht relevant seien, dürften nicht erwähnt werden. Die Mutterschaftsbekanntgabe in einem Arbeitszeugnis könne einen Wettbewerbsnachteil bewirken und stünde im Widerspruch zu den Bemühungen, Diskriminierungen nach dem Gleichstellungsgesetz zu vermeiden.

Das Bundesgericht erwiderte trocken:

  • Falls die Dauer der Absenzen im Verhältnis zur Anstellungsdauer erheblich ins Gewicht falle, müssten sie im Arbeitszeugnis erwähnt werden
  • Die Arbeitsunterbrüche seien zu erwähnen, weil andernfalls ein falsches Bild über die erworbene Berufserfahrung entstünde
  • Der Grundsatz der Vollständigkeit und das Gebot der Klarheit des Arbeitszeugnisses würden es gebieten, auch die Gründe für die Abwesenheit (Krankheit, Mutterschaftsurlaub etc.) aufzuführen.

Gemäss Bundesgericht verstiess der vorinstanzliche Entscheid nicht gegen Bundesrecht.

Entscheid

Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.

Quelle

BGer 8C_134/2018 vom 17.09.2018   =   BGE 144 II 345 ff.

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