Bonus ist Gratifikation bei sehr hohem Einkommen

Differenzierung der Rechtsprechung

Der Beschwerdegegner B. war als Senior Private Banker für die Beschwerdeführerin A. AG, eine auf Anlageberatung spezialisierte Bank, tätig. B. klagte vor Arbeitsgericht Zürich u.a. auf Zahlung seiner Boni der Geschäftsjahre 2011/12 und 2012/13.

Die Bonusstreitigkeit nahm folgenden Prozessverlauf:

  • Arbeitsgericht
    • Klageabweisung
  • Obergericht des Kantons Zürich
    • Teilgutheissung, da der bisher durchschnittlich ausgerichtete jährliche Bonus im Umfange der Differenz zwischen dem Fixlohn und dem fünffachen Medianlohn als Lohnbestandteil zu betrachten sei
  • Bundesgericht
    • Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und Klageabweisung

Die grundsätzlichen Erwägungen des Bundesgerichts ergaben folgendes:

  • Qualifikation als Gratifikation nach OR 322d?
    • Ob eine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte freiwillige Vergütung eine Gratifikation ist, hängt ab von
      • der Höhe des Gesamteinkommens aus Arbeitsvertrag und allenfalls von
      • der Relation von freiwilliger Vergütung und vereinbartem Lohn
    • Erw. 2.2
  • Sehr hohes Gesamteinkommen des Arbeitnehmers
    • Die Relation von Gratifikationshöhe und Lohn ist kein entscheidendes Kriterium mehr, um über den Lohncharakter der Bonusleistungen zu entscheiden
    • Die ins Arbeitgeber-Ermessen gestellte freiwillige Vergütung ist eine Gratifikation, auf die der Arbeitnehmer keinen Anspruch hat, wenn er auch ohne den strittigen Bonus ein sehr hohes Gesamteinkommen erzielt
    • Erw. 2.2.2
  • Höhe der sehr hohen Vergütung
    • Sehr hohe Vergütung =   Einkommen aus dem Arbeitsvertrag, welches den fünffachen Medianlohn übersteigt
    • Nicht entscheidend sind
      • Titel oder Bezeichnung, unter welcher die Zahlung aus dem Arbeitsvertrag erfolgt
      • Zeitperiode, für welche die Vergütungen geleistet werden
    • Massgeblichkeit der tatsächlichen Einkünfte im Zeitpunkt ihrer Realisierung
    • Erw.2.2.2 und 2.3

In der Subsumption des konkreten Sachverhalts unter seine grundsätzlichen Erwägungen erkannte das Bundesgericht folgendes:

  • Abstellen auf die Einkünfte im letzten Jahr vor der Vertragsbeendigung (Erw. 2.4)
  • Feststellung, dass die tatsächlichen Einnahmen den fünffachen Medianlohn überstiegen (Erw. 2.5)
  • Feststellung, dass die Vergütung für die Arbeitstätigkeit bonusunabhängig sehr hoch war, weshalb ein Anspruch auf den vertraglich in Aussicht gestellten freiwilligen Bonus zu verneinen war (Erw. 2.6)

Das Bundesgericht kam in seinem Dispositiv zum Ergebnis:

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 16.09.2015 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  3. Die Gerichtskosten von Fr. 5’000.– werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
  4. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6’000.– zu entschädigen.

Quelle

BGE 4A_565/2015 vom 14.04.2016

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