Handelsgericht: Differenzierte sachliche Zuständigkeit bei Einzelunternehmen

ZPO 6 Abs. 2 lit. c

Die Klägerin hatte zunächst das Bezirksgericht Zürich angerufen, welches jedoch mit der Begründung, das Handelsgericht sei zwingend und ausschliesslich für die Beurteilung der Streitsache zuständig, auf die Klage nicht eintrat. Der Nichteintretensentscheid erwuchs in Rechtskraft.

Das anschliessend mit dem gleichen Klagebegehren angerufene Handelsgericht hielt der Klägerin entgegen, es befinde unabhängig vom Entscheid des Bezirksgerichts von Amtes wegen über seine Zuständigkeit.

In casu ging es um die Klage eines Gläubigers, der in Prozessstandschaft einen in der Zwangsvollstreckung nach SchKG 131 Abs. 2 „erworbenen“ Anfechtungsanspruch gegen zwei beklagte Inhaber von Einzelunternehmen aus einem Aktienverkauf einer Aktienmehrheitsbeteiligung, die diese im Privatvermögen hielten und auch für dieses Privatgeschäft den Verkaufsgewinn realisierten, geltend machte. Das Gericht ging davon aus, dass die steuerliche Deklaration den zivilrechtlichen Gegebenheiten entsprechen würde (Aktienverkauf aus dem Privatvermögen mit einkommenssteuerfreiem Kapitalgewinn?).

Gemäss ZPO 6 Abs. 2 lit. c gilt eine Streitigkeit nur dann als handelsrechtlich und es ist nur dann ein Handelsgericht (Handelsgericht des Kantons Zürich) zuständig, wenn sich im Streit zwei Unternehmungen gegenüber stehen.

Die Eintragung einer natürlichen Person in ihrer Eigenschaft als Inhaberin eines Einzelunternehmens allein ist kein zureichender Handelsregistereintrag im Sinne von ZPO 6 Abs. 2 lit. c. Erforderlich ist, dass

  • der vom Handelsgericht zu beurteilende Sachverhalt einen Bezug zum entsprechenden Einzelunternehmen hat, d.h.
    • sich auf das Handels-, Fabrikations- oder auf ein anderen nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe bezieht, und damit
    • zu der im Handelsregister eingetragenen Rechtseinheit einen funktionalen Bezug aufweist.

Die Sachverhaltserhebung ergab, dass der zu beurteilende Sachverhalt nicht die Einzelunternehmer der beiden Beklagten betraf. Damit standen sich im Streit nicht zwei bzw. drei Unternehmen gegenüber. Das Handelsgericht folgerte, dass nicht eine handelsrechtliche Angelegenheit im Sinne von ZPO 6 Abs. 2 vorliege. Auch die Voraussetzungen für eine (Wahl-)Zuständigkeit des Handelsgerichts nach ZPO 6 Abs. 3 oder 4 waren nicht gegeben. Das Handelsgericht des Kantons Zürich trat daher (ebenfalls) nicht auf die Klage ein.

Quelle

Handelsgericht des Kantons Zürich, Beschluss vom 05.08.2015, HG150151 = ZR 114 (2015) Nr. 59 S. 228

Art. 6 ZPO   Handelsgericht

1 Die Kantone können ein Fachgericht bezeichnen, welches als einzige kantonale Instanz für handelsrechtliche Streitigkeiten zuständig ist (Handelsgericht).

2 Eine Streitigkeit gilt als handelsrechtlich, wenn:

a.

die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist;

b.

gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht; und

c.

die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind.

3 Ist nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen, sind aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt, so hat die klagende Partei die Wahl zwischen dem Handelsgericht und dem ordentlichen Gericht.

4 Die Kantone können das Handelsgericht ausserdem zuständig erklären für:

a.

Streitigkeiten nach Artikel 5 Absatz 1;

b.

Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften.

5 Das Handelsgericht ist auch für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen vor Eintritt der Rechtshängigkeit einer Klage zuständig.

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