Zulässigkeit und Schranken
Am 15.01.2015 hat die Schweizerische Nationalbank die Mindestkursgrenze von CHF 1.20 pro EURO aufgehoben. Vor allem exportorientierte (Schweizer-)Unternehmen und die Tourismusbranche wurden durch die Verteuerung ihrer Produkte bzw. Dienstleistungen im Ausland kurzfristig vor eine harte Bewährungsprobe gestellt. Verständlich, dass alle Unternehmer, die für den Erfolg ihres Unternehmens und die Arbeitsplatzerhaltung verantwortlich sind, alle Kostenaspekte und die Produktivität einer Überprüfung unterziehen. Dazu gehören auch die Personalkosten und der Output der Belegschaft. Im Vordergrund steht dabei die Anpassung der Arbeitsbedingungen. Dabei sind die allgemeinen Grundsätze, die Änderungsmöglichkeiten und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten.
Allgemeine Grundsätze
Für die Anpassung der Arbeitsbedingungen sind gewisse Grundsätze zu beachten:
- Vertragsfreiheit c. Kündigungsfreiheit
- Das schweizerische Arbeitsvertragsrecht basiert – gewisser Arbeitnehmerschutz vorbehalten – auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit.
- Arbeitgeber und Arbeitnehmer können daher nicht nur einen Arbeitsvertrag 1) abschliessen, sondern diesen auch 2) abändern, 3) gemeinsam aufheben oder 4) einseitig kündigen; die Rechtshandlungen von Ziffer 1) bis 3) erfordern einen Parteikonsens, d.h. einen gegenseitig übereinstimmenden Parteiwillen.
- Eine einseitige Vertragsanpassung ist unzulässig
- Einseitige Vertragsänderungsklauseln werden, wenn sie in „Allgemeinen Arbeitsbedingungen“ enthalten sind, den AGB-Regeln unterstellt (http://www.agb-allgemeine-geschaeftsbedingungen.ch/)
- U.E. müssen die Änderungsrechte bestimmt oder bestimmbar sein;
- Als zulässig gilt eine Lohnreduktionsklausel (vgl. BGE 4A_608/2009 vom 25.02.2010).
- Die vorbeschriebene Vertrags- und Kündigungsfreiheit schafft dem Arbeitgeber gewisse Spielräume, die er im Bedarfsfall für die Anpassung der Arbeitsbedingungen aufgrund veränderter wirtschaftlicher Gegebenheiten nutzen kann.
- Schutz des Arbeitnehmers als schwächere Vertragspartei
- Das Arbeitsrecht (OR 319 ff.) und insbesondere das Arbeitsgesetz (ArG) mit seinen Verordnungen schützt wo notwendig den Arbeitnehmer als schwächere Vertragspartei.
- Arbeitgeber trägt Unternehmerrisiko
- Der Arbeitgeber trägt die wirtschaftlichen und betrieblichen Risiken; er darf diese nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht auf die Arbeitnehmer überwälzen.
Änderungsmöglichkeiten
Der nachfolgende Überblick setzt eine Anpassung durch Übereinkunft oder durch (zulässige) Änderungskündigung voraus:
Gegenstand | Anpassung | Bemerkungen | Links |
Arbeitszeit | Arbeitszeit-Verlängerung aufgrund Vertrag | Beachtung:
|
Zeitliche Arbeitspflicht |
Überstunden-Anweisung | Grundlagen:
Beachtung:
|
Überstunden | |
Arbeitszeit-Verlängerung aufgrund GAV | Gesamtarbeitsvertragsrecht (GAV) | ||
Lohn | Währungsänderung von CHF auf EURO | Expatriates
Grenzgänger
|
Erscheinungsformen: Geldlohn |
Lohnkürzung | Beachtung:
|
Lohnbestimmungsquellen: Gesamtarbeitsvertrag |
Rechtliche Rahmenbedingungen
Für alle im Überblick aufgelisteten Massnahmen sind folgende Rahmenbedingungen zu beachten:
- Änderungskündigung oder einvernehmliche Vertragsanpassung
- Konsensuale Arbeitsvertragsänderung
- Beste Variante für die „Arbeitsverhältnis-Hygiene“
- 2 Änderungsvorgehen | aenderungskuendigung.ch
- Änderungskündigung
- Grundsätzliche Zulässigkeit einer Änderungskündigung
- Die zweitbeste Variante für eine Anpassung des Arbeitskonditionen an veränderte Wirtschaftsverhältnisse
- Keine Missbräuchlichkeit der Änderungskündigung
- Fälle von Missbräuchlichkeit
- Vertragsverschlechterung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist
- Verletzung zwingender Normen
- Verletzung Persönlichkeitsrechte (ZGB 27)
- Verletzung zwingender GAV-Normen
- Fälle von Missbräuchlichkeit
- Recht des Arbeigebers auf Änderungskündigung | aenderungskuendigung.ch
- Missbrauch | aenderungskuendigung.ch
- Konsensuale Arbeitsvertragsänderung
- Massenentlassung und Sozialplanpflicht
- Bei einer grossen Zahl von Mitarbeiterentlassungen sind die Vorschriften zur Massenentlassung und zur Sozialplanpflicht (rechtzeitig) zu beachten und die hiefür notwendigen Massnahmen vorzukehren
- Ob Änderungskündigungen die Voraussetzungen für eine Massentlassung erfüllen und die Bestimmungen zur Sozialplanpflicht (OR 335h ff.) zu beachten sind, ist im individuell konkreten Einzelfall zu beurteilen
- Massenentlassung | massenentlassung.ch
- Sozialplan | sozial-plan.ch
- Schranken einer Vertragsanpassung
- Kein Verzicht auf bereits bestehende Lohnforderungen
- Kein Verzicht auf Ansprüche während Restlaufzeit wie GAV-Mindestlohn
- Kein Verzicht auf zwingende Schutzbestimmungen, zB Sperrfristenschutz nach OR 336c etc.)
- Als Massstab sollen generell die Regeln einer Aufhebungsvereinbarung (MUSTER AUFHEBUNGSVERTRAG UND CHECKLISTEN | einvernehmliche-beendigung-arbeitsverhaeltnis.ch) beachtet werden.
Kurzarbeit als Alternative
Die Kurzarbeitsentschädigung hilft dem Arbeitgeber in einer besonderen Situation bei vorhandenen Voraussetzungen das Unternehmerrisiko abzufedern und hilft als Prävention gegen volle Arbeitslosigkeit (http://www.kurz-arbeit.ch) . – Der Bundesrat hat kürzlich grünes Licht für eine währungsbedingte Kurzarbeitsentschädigung gegeben (Kurzarbeitsentschädigung aufgrund von Wechselkursschwankungen neu möglich | seco.admin.ch); vgl. das Schreiben des SECO an die kantonalen Amtsstellen und anerkannten Arbeitslosenkassen vom 27.01.2015:
Quelle: Publikationen | seco.admin.ch
Fazit
Grundsätzlich dürfen die Arbeitsbedingungen angepasst werden. Gesetze, eventuelle Gesamtarbeitsverträge (GAV), Lehre und Rechtsprechung enthalten genügend Mechanismen zum Schutze des schwächeren Arbeitnehmers.
Anpassungsmassnahmen sind sorgfältig auszuarbeiten mit Konzept zu kommunizieren. Es ist in allen Bereichen den individuellen Verhältnissen Rechnung zu tragen.
Weiterführende Informationen / Linktipps
Aufhebung des Mindestfrankenkurses | ansiedlung-schweiz.ch
Franken-Freigabe | nzz.ch
Arbeitsrecht | arbeits-recht.ch
Erscheinungsformen: Geldlohn | lohnforderungen.ch