Zulässigkeit Zweitwohnungssteuer bei kalten Betten

BGE 2C_1076/2012 + BGE 2C_1088/2012 vom 27.03.2014

Der Entscheid

Die von der Gemeinde Silvaplana beschlossene Steuer von 2 Promillen des Vermögenssteuerwertes auf touristisch unbewirtschafteten Zweitwohnungen ist gemäss Schweizerischen Bundesgericht zulässig.

Die Argumente

Die Lenkungsabgabe („Zweitwohnungssteuer“)

  • strebe vor allem eine bessere Auslastung bereits bestehender Wohnungen an und diene damit der Förderung warmer Betten bzw. Vermeidung kalter Betten, wie bei der touristischen Nutzung mit der üblichen Rotation
  • stehe nicht im Widerspruch zum Zweitwohnungsartikel der Bundesverfassung (BV 75b), der durch die vom Volk angenommene Zweitwohnungsinitiative 2012 Eingang in die Verfassung gefunden habe
  • sei mit der Erhebung der Liegenschaftssteuer vereinbar
  • bewirke keinen unzulässigen Eingriff in die Eigentumsgarantie und führe damit zu keiner materiellen Enteignung (Anmerkung der Redaktion: Zweifel sind angebracht). 

Die Praktische Umsetzung

Die obsiegende Gemeinde Silvaplana hielt in ihrer Stellungnahme ausdrücklich fest, dass keine Abgabe geschuldet sei, wenn der Zweitwohnungseigentümer die Lokalität touristisch bewirtschaften lasse und die Perioden der effektiven Eigennutzung wie jeder andere über das Reservierungssystem der Vermarktungsorganisation buchen könne. Dieses Vorgehen erscheine als zumutbar, soweit sichergestellt sei, dass dem Eigentümer der Zweitwohnung bei der Nutzung die Priorität gegenüber Dritten zukomme; dies dürfe ohne Weiteres der Fall sein, könne er doch mit seiner Buchung die von ihm zum Eigengebrauch gewünschten Tage bzw. Wochen blockieren. 

Das Ergebnis: Zielerreichung ungewiss

Ob die Lenkungsabgabe ihr Ziel erreicht oder zur blossen Steuer für Zweitwohnungsbesitzer mutiert, wird sich weisen. So klagen immer wieder Zweitwohnungsvermieter über Mietobjektbeschädigungen, denen es entgegenzuwirken gilt oder zumindest eine Schadensdeckung sicherzustellen ist. Auch wenn die Gemeinde Silvaplana die Drittvermietung als Steuervermeidungsvariante vorschlägt, übt sie dabei keine amtliche Tätigkeit aus und kann daher für Mieterbeschädigungen nicht im Rahmen der Staatshaftung belangt werden. – Nach der ersten negativen Vermietung wird die Vermietungslust des Zweitwohnungseigentümers verflogen sein und er wird sich für das nächst angenehmere Übel, die Steuerzahlungslast, entscheiden. Ganz Schlaue werden dann die Zweitwohnung mit überhöhter Miete oder unannehmbaren Konditionen ins „Reservierungssystem der Vermarktungsorganisation“ einstellen bzw. sich gegenüber Mietinteressenten „untalentiert“ verhalten und nachher beim örtlichen Fiskus geltend machen, sie hätten alles unternommen um die Zweitwohnung während nicht selbst genutzter Perioden zu vermieten, leider ohne Erfolg. Das hehre kommunale Ziel „warmer anstelle kalter Betten“ bliebe so oder anders auf der Strecke. Man darf gespannt sein, welche Blüten das Thema „Zweitwohnungssteuer“ noch treiben wird.

Quelle

Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 07.05.2014 zu BGE 2C_1076/2012 + BGE 2C_1088/2012

Weiterführende Informationen / Linktipps

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