Immobiliarsachenrecht und Zivilprozessrecht: Wechsel der Passivlegitimation bei Handänderung

Massgeblichkeit des Tagebucheintrags

Das Bundesgericht hatte in einem Fall zu beurteilen, ab wann nicht mehr der bisherige Grundeigentümer und Veräusser Beklagter eines Zivilprozesses sein soll, sondern der Erwerber.

In dinglicher Hinsicht wird der Erwerber mit seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch berechtigt. Der Erwerbsablauf gestaltet sich wie folgt:

  1. Öffentliche Beurkundung Kaufvertrag (Verpflichtungsgeschäft)
  2. Abgabe Grundbuchanmeldung (Verfügungsgeschäft)
  3. Einschreibung der Grundbuchanmeldung für den Grundstückkauf im Tagebuch
  4. Eintragung des Käufers als Erwerber und neuer Eigentümer im Grundbuch [Hauptbuch] (grundbuchlicher Vollzug)

Das Abstellen auf den eigentlich massgebenden Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch schafft durch folgende Umstände eine Rechtsunsicherheit:

  • Grundsätzlich erfolgt der grundbuchliche Vollzug unter dem Datum der Anmeldung ins Tagebuch.
  • Die Eintragung der angemeldeten Handänderung erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen ins Tagebuch.
  • Der Eintragungszeitpunkt ist abhängig davon wie à jour die Grundbuchführung beim betreffenden Grundbuchamt ist.
  • Der Schwebezustand zwischen Ziffer 3 und 4 und damit die Rechtsunsicherheit können unterschiedlich gross sein.
  • Der Zeitpunkt der Eintragung ins Grundbuch [Hauptbuch] wird weder den Parteien noch extern bekannt gegeben, ganz im Gegensatz zur Einschreibung ins Tagebuch [ BGE 74 II 230 E. 3 S. 231 ff.]

Das Bundesgericht hält zu Recht dafür, dass für die Feststellung der Passivlegitimation im Zivilprozess keine Rechtsunsicherheit bestehen darf und daher auf das Datum der Einschreibung ins Tagebuch abzustellen ist. Materiell-rechtlich verfüge der Veräusserer auch mit der Abgabe der ins Tagebuch einzuschreibenden Grundbuchanmeldung über sein Recht.

Nebenbei sei erwähnt, dass vice versa die gleiche Begründung auch für die Beurteilung der Aktivlegitimation, d.h. der (Klage-)Berechtigung des Klägers, gilt.

Quelle

BGE 5A_155/2012 vom 29.05.2012 (amtl. Publ. geplant)

Weiterführende Informationen / Linktipps

 

 

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