Prozesskaution und Äquivalenzprinzip

Die Konkursmasse der Sabena S.A. klagte 2006 gegen die Nachlassmasse der SAir Group AG in Nachlassliquidation auf Kollokation einer Schadenersatzsumme von ca. CHF 2,4 Mrd. vor dem Einzelrichter im beschleunigten Verfahren am Bezirksgericht Zürich; parallel dazu war ein weiteres Kollokationsverfahren vor dem nämlichen Richter derselben Klägerin gegen die SAirLines AG in Nachlassliquidation hängig. Das erstgenannte Verfahren blieb zunächst längere Zeit sistiert.

Bei der Kautionsfestsetzung werden differenziert:

  • Gerichtskosten (GK)
  • Prozessentschädigung (PE) im Unterliegensfall an die Gegenpartei

In casu ergaben sich folgende anfängliche Kautionsfestsetzungen und Abänderungen im Rechtswege:

  • 1. Instanz (Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich)
    • Kaution GK: CHF 1‘328‘290
    • Kaution PE: CHF 985‘455
    • Total Prozesskaution: CHF 2‘313‘745
    • 2. Instanz (Obergericht des Kantons Zürich)
      • Kaution GK: CHF 1‘129‘000
      • Kaution PE: CHF 837‘000
      • Total Prozesskaution: CHF 1‘966‘000
      • 3. Instanz (Kassationsgericht des Kantons Zürich) > Rückweisung ans Obergericht
      • 2. Instanz (Obergericht des Kanton Zürich, in Ausführung des KassG-Entscheids)
        • Kaution GK: CHF 275‘000
        • Kaution PE: CHF 837‘000
        • Total Prozesskaution: CHF 1‘112‘000 

2010 reichte die Konkursmasse Sabena S.A. eine Klageergänzung ein, was zu folgender Nachkautionierungs-Situation bzw. Korrektur führte:

  • 1. Instanz (Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich)
    • Kaution GK: CHF 771‘250
    • Kaution PE: CHF —
    • 2. Instanz (Obergericht des Kantons Zürich)
      • Kaution GK: CHF 389‘125
      • Kaution PE: CHF —

Die Höhe der Prozesskaution darf nicht prohibitiv wirken und nicht die Rechtsweggarantie nicht verletzen.

Zu berücksichtigen ist die absolute Höhe der Gebühr. Unter Hinweis auf eine Angemessenheitsprüfung in BGE 4P.315/2006 erscheint die Gesamtkaution nach Ansicht des Bundesgerichts als sehr hoch. Trotzdem könne von einem Missverhältnis zum Wert der in Anspruch genommenen staatlichen Leistung nicht gesprochen werden. Ein solches Verfahren könne wie folgt charakterisiert werden:

  • umfangreich
    • umfangreiche Rechtsschriften
    • zahlreiche – teilweise fremdsprachige – Belege
    • zeitaufwändig
    • anspruchsvoll.

Das Bundesgericht kommt daher insgesamt zum Schluss, dass die auferlegte Kaution als mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar sei.

PS: Die in Kollokationsprozessen übliche Streitwertorientierung an der mutmasslichen Konkursdividende, die auf die nicht zugelassene (Eigenkollokationsprozess) bzw. zugelassene, aber zu bestreitende Forderung (Drittkollokationsprozess) entfällt, scheint hier nicht oder nicht mehr Prozessthema gewesen zu sein; noch schwieriger ist die Streitwertberechnung da, wo in der betreffenden Konkursklasse keine Konkursdividende anfällt und die Bestreitung der zugelassenen Forderung durch einen Drittgläubiger nur aus materiell-rechtlichen Reflexgründen, d.h. zur Vermeidung einer anerkannten Gegenforderung (zB Bank mit global-zedierter Debitorenforderungen gegen den Kollokationsbeklagten), geführt wird.

Quelle

BGE 5A_385/2011 (Konkursmasse Sabena S.A. vs. Nachlassmasse SAir Group AG in Nachlassliquidation)

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