Eine Renovation will die Abnutzungsschäden aus gewöhnlichem Gebrauch erreichen; sie dient der Bauwerkserhaltung.
Der Begriff des „Renovierens“ wird oft undifferenziert und allumfassend verwendet. Die Architekturlehre unterscheidet präziser in Instandhaltung (Wahrung der Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks durch einfache Massnahmen und Behebung kleinerer Schäden), in Instandsetzung (Wiederherstellungsarbeiten) und in Erneuerung/Änderung (Versetzung in den ursprünglichen, mit dem ehemaligen Neubau vergleichbaren Zustand bzw. Bauwerkserhaltung unter Berücksichtigung veränderter Anforderungen). Die SIA Norm 469 strukturiert in Überwachung, in Unterhalt (Instandhaltung, Instandsetzung [auch: Instandstellung, baulicher Unterhalt, Reparatur] und Erneuerung) und in Veränderung (Anpassung [Komfortsteigerung, Anpassung an neue Vorschriften, Anpassung des Tragwiderstandes an neue Anforderungen], Umbau [Anpassung an veränderte Anforderungen] und Erweiterung [Anbau, Aufstockung und Vergrösserung]).
Gebäude-Lebenszyklus
Abklärung Handlungsbedarf
Bei den regelmässigen Immobilienkontrollen wird oft ein zunehmender Handlungsbedarf beobachtet. Generell wird ein Renovationszyklus von 30 bis 35 Jahren angenommen.
Ablaufschema aus SIA Norm 469
Quelle: SIA Norm 469, Ziff. 1.2, S. 7
Eignerstrategie
Wie bei allen Investitionsentscheiden sollte sich der Grundeigentümer auch für Renovationsvorhaben auf eine individuelle Strategie festlegen:
- Veräusserung vor einer „Erhaltungsplanung“
- Halten und Zuwarten auf gut Glück
- Halten bei Wahrnehmung des laufenden „Unterhalts“ sowie ggf. Sofortmassnahmen
- „Erhaltungsplanung“
- Renovation (und Veränderung [Anpassung, Umbau, Erweiterung]) oder
- Abbruch und Ersatzbau
- Nach Renovation oder Abbruch und Ersatzbau:
- Halten und Festlegung der weiteren Besitzesdauer
- Sofortige Veräusserung
- Exit
Jedenfalls sollte der Eigner im Falle der „Erhaltungsplanung“ entscheiden, ob er einen Projektierungsauftrag erteilen will oder nicht.
Szenario Abbruch und Ersatzbau
Es sollte keine grössere Renovation in Auftrag gegeben werden, ohne vorgängig zu prüfen, ob sich eine Renovation angesichts der Restlebensdauer des Gebäudes (und seiner Tragkonstruktion) noch rechtfertigt, ob das Gebäude so renoviert oder umgebaut werden kann, dass es den Marktbedürfnissen und dem heutigen wie zukünftigen Wohnverhalten gerecht wird und, ob sich die Renovation kommerziell (noch) rechnet. Gegen einen Neubau sprechen u.a. ein Ausnützungsverlust und ein Verlust der Bestandesgarantie (zB Parkplätze) etc.
Szenario Renovation
Wie in der Betriebsoekonomie sind die Projektschritte nach Analyse (IST-Analyse und SOLL-Analyse), Entscheid, Umsetzung und Kontrolle.
Analyse
Der Eigentümer und seine Vertreter haben in einer IST- und SOLL-Analyse Massnahmen und Vorgehen zu ermitteln. Gefragt ist eine geschickte Koordination von Renovationsumfang (unterschiedliche Lebensdauer der Gebäudeteile) und neuen Marktbedürfnissen, in Abwägung der Baukosten bei Renovations- und Neubau.
Analyse-Checkliste
- IST-Analyse
- Zustand der Liegenschaft?
- Gebäudehülle
- Haustechnik
- Ausstattung
- Mängel und Alterung von Bauteilen
- Alterung und Lebensdauer von Gebäudebestandteilen
- Restlebensdauer des Gebäudes
- Schadhafte Bauteile
- Abgenützte Bauteile
- Unterhaltsnachholbedarf
- Notwendigkeit wertvermehrender Aufwendungen
- Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Erneuerungszyklus
- Ersatzzeitpunkt der Bauteile
- Erneuerungszyklen
- Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Erneuerungsaufwand
- Einflüsse auf Projektierung
- Gebäudehülle
- Tragstruktur
- Haustechnik
- Wiedergutmachung von Bausünden während der Nutzungsphase
- Kostenfolgen und Empfehlungen
- Energetische Situation
- Wirtschaftlichkeit
- Vermietbarkeit bzw. Marktfähigkeit/-gängigkeit
- Vermietungssituation
- Dauer der Mietverträge
- Klärung der mutmasslichen Dauer von Mieterstreckungen
- Möglichkeit der Renovation in bewohntem Zustande
- Stellung von Ersatzobjekten
- Bisherige strategische Ausrichtung [Eignerstrategie]
- Zustand der Liegenschaft?
- SOLL-Analyse
- Planung
- Architekt
- Generalplaner
- Einzelplaner
- Koordination mit
- Liegenschaftenverwaltung
- Abklärung (Planung in Übereinstimmung mit Marktbedürfnissen und zukünftigem Wohnverhalten)
- Energetische Massnahmen
- Wärmedämmung
- Dach
- Estrichboden
- Fenster
- Fassade
- Kellerdecke
- Klimafreundliche Heizsysteme
- Wärmepumpe
- Solarwärmeanlage
- Holzfeuerung
- Fernwärme
- Heizoel-Brenner neuer Technologie
- Wärmedämmung
- Devisierung / Ausschreibung
- Baurealisation
- Totalunternehmer
- Generalunternehmer
- Eigenvergabe, mit Bauleitung
- Refinanzierungsabklärung
- Eigenmittel
- Hypotheken-Erhöhung
- Vergünstigte Hypotheken für energetische Sanierung (siehe Box)
- Fördermittel für energetische Sanierung
- Mietzinskalkulation und Belastungsrechnung
- Entmietung
- Renovation bei leerem Objekt
- Renovation bei bewohntem Objekt
- Vermietbarkeit
- Planung
Entscheide
Liegen die Analyseergebnisse bzw. Offertdaten vor, hat der Eigentümer alle renovationsrelevanten Entscheide zu treffen, nämlich den Renovationsentscheid als solchen (Investitionsentscheid), den Refinanzierungsentscheid, den allf. Entmietungsentscheid, den Vergabeentscheid und den Mandatierungsentscheid für die bauherrenseitige Bauleitung; auch an den Mietrechtsspezialisten sollte gedacht werden.
Umsetzung
Der Eigentümer oder seine Vertreter haben die vorgenannten Entscheide durch Auftragsvergabe bzw. Mandatierung umzusetzen.
Kontrolle
Der Eigentümer oder der Bauherrenvertreter haben die Renovationsausführung zu überwachen, nach erfolgter Renovation das Objekt abzunehmen und die Bauabrechnung zu prüfen bzw. die Werklohnschlusszahlungen vorzunehmen.
Weitere Informationen
Steuern: Abschaffung der „Dumont“-Praxis
Gemäss der vom Bundesgericht entwickelten „Dumont“-Praxis wurde für die ersten 5 Jahre nach dem Liegenschaftenerwerb unterschieden, ob die Baute vernachlässigt oder gut unterhalten war; bei vernachlässigten Liegenschaften konnten nur die Instandhaltungs-, nicht aber die Instandstellungskosten steuerlich abgezogen werden. Durch die Abschaffung der „Dumont“-Praxis fällt diese Unterscheidung weg: Instandstellungs- wie Instandhaltungskosten können abgezogen werden. Bei der Bundessteuer (StHG 9 Abs. 3 Einleitungssatz) ist die Abkehr von der „Dumont“-Praxis am 01.01.2010 in Kraft getreten; bei den Kantonen wird die Anpassung der gesetzlichen Grundlagen unterschiedlich gehandhabt (siehe Box 5).
Abschaffung der Dumont-Praxis
Kanton | Abschaffung |
Aargau | rückwirkend per 01.01.2009 |
Appenzell Ausserrhoden | rückwirkend per 01.01.2009 |
Appenzell Innerrhoden | rückwirkend per 01.01.2009 |
Basel-Land | nie angewandt |
Basel-Stadt | 01.01.2010 |
Bern | rückwirkend per 01.01.2009 |
Freiburg | rückwirkend per 01.01.2009 |
Genf | 01.01.2010 |
Glarus | 01.01.2010 |
Graubünden | 01.01.2010 |
Jura | 01.01.2010 |
Luzern | 01.01.2012 |
Neuenburg | 01.01.2008 |
Nidwalden | 01.01.2010 |
Obwalden | 01.01.2011 |
Schaffhausen | nie angewandt |
Schwyz | 01.01.2010 |
St. Gallen | 01.01.2010 |
Solothurn | 01.01.2010 |
Tessin | 01.01.2010 |
Thurgau | 2005 |
Uri | 01.01.2010 |
Waadt | seit mehr als 10 Jahren |
Wallis | 01.01.2010 |
Zug | 01.01.2010 |
Zürich | 01.01.2010 |
Steuervorteile bei energetischen Massnahmen
Zudem werden Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, steuerlich begünstigt. Diese Aufwendungen können während der ersten 5 Jahre nach dem Erwerb zu 50 % und nachher zu 100 % abgezogen werden.
Fazit
Die Immobilien-Renovation will wohl überlegt sein. Ein nicht am Markt und den Zukunftsentwicklungen orientiertes Vorgehen kann zu einer unverrückbaren Geldvernichtung führen. Oft ist bei einer Immobilien-Renovation die Gefahr einer Fehlinvestition grösser als bei Neubauvorhaben, bezogen allein auf das Gebäude.